Leyner Palacios Asprilla - "Aufgeben kann keine Option sein"

32 Familienmitglieder hat Leyner Palacios 2002 beim "Massaker von Bojayá" verloren. Dennoch setzt sich der international anerkannte Friedensaktivist für Versöhnung zwischen Regierung, Guerilla und Paramiltiärs in Kolumbien ein.

Leyner Palacios

Der Friedensaktivist Leyner Palacios hat die vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützten „Interethnischen Wahrheitskommission in der Pazifikregion“ mitgegründet. Foto: Steve Cagan

Über den Tag, der das Leben von Leyner Palacios Asprilla für immer veränderte, kann der kolumbianische Friedensaktivist heute erstaunlich abgeklärt sprechen. Diese Ruhe ist vielleicht auch die einzige Form das unfassbare Leid zu verarbeiten, das ihm und seiner Familie widerfahren ist. Palacios verlor am 2. Mai 2002 bei einem Bombenanschlag 32 Familienangehörige. An diesem schicksalhaften Tag, der als „Massaker von Bojayá“ in die kolumbianische Geschichte einging, suchten 300 Bewohner der Kleinstadt in der westkolumbianischen Provinz Chocó in einer Kirche Schutz vor dem Bürgerkrieg. Palacios Familie und die Nachbarn gerieten zwischen die Fronten der rechtsgerichteten Paramilitärs und der FARC-Guerilla. Der Staat, den sie zuvor um Hilfe gebeten hatten, ließ die Menschen allein. In den Wirren des Kampfes feuerte die FARC eine Granate in Richtung der Paramilitärs. Doch sie verfehlte ihr Ziel, durchschlug das Kirchendach und explodierte inmitten der Schutzsuchenden. 79 Menschen starben, darunter fast 50 Kinder. „Einige Körper verdampften, so stark war die Explosion“, erinnert sich Palacios. Auch seine Eltern und drei seiner Brüder waren unter den Opfern.   

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Heute ist Palacios ein über die Grenzen seines Landes hinaus anerkannter und international ausgezeichneter Friedensaktivist. Der Mitbegründer der vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützten „Interethnischen Wahrheitskommission in der Pazifikregion“ (CIVP) ist ein begehrter und kompetenter Interviewpartner von internationalen TV-Stationen und Zeitungen. Er war einer der 60 Opfervertreter bei den Friedensverhandlungen zwischen Regierung und FARC-Guerilla im Jahr 2016 in Havanna und gehörte zur Delegation von Präsident Juan Manuel Santos bei der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo. Palacios ist auch deshalb ein Sprachrohr für die Opfer des Bürgerkrieges, weil das Leid von Bojayá stellvertretend für die Situation in ganz Kolumbien steht. Er arbeitet mit der Kommission daran, mehrere Tausend Verbrechen, die in der Region an der überwiegend afrokolumbianischen und indigenen Bevölkerung während des bewaffneten Konfliktes begangen wurden, zu dokumentieren und aufzuklären.

Am 2. Mai 2002 haben laut Palacios alle versagt: Die Guerilla, die Paramilitärs und der Staat. Damit das nicht wieder geschieht, setzt er sich unermüdlich für Frieden und Versöhnung ein. Palacios kämpft für die Umsetzung des ausgehandelten Friedensabkommens zwischen Staat und Guerilla, das ins Stocken geraten ist. Denn: „Krieg und Gewalt bedeutet immer Leid und Schmerz für die Zivilbevölkerung. Aufgeben kann deshalb keine Option sein“, sagt der 43-Jährige.  

Text: Tobias Käufer