Balsam für die Seele El Salvadors: Heiligsprechung von Óscar Romero

„Die Heiligsprechung von Óscar Romero ist Balsam für die verwundete Seele des Volkes von El Salvador, die nach den Jahren des Bürgerkrieges nie Versöhnung oder Wiedergutmachung erfahren hat“, so Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Heinz, der an den Feierlichkeiten zur Heiligsprechung in Rom teilnimmt. 

Überlebensgroß ist der Märtyrer auf den Wandgemälden vor dem ehemaligen Wohnhaus von Bischof Óscar Romero in San Salvador zu sehen. Das Wohnhaus ist heute ein kleines Museum.

Überlebensgroß ist der Märtyrer auf den Wandgemälden vor dem ehemaligen Wohnhaus von Bischof Óscar Romero in San Salvador zu sehen. Das Wohnhaus ist heute ein kleines Museum. Foto: Matthias Hoch/Adveniat

„Óscar Romero steht für Menschenwürde und Gerechtigkeit – sein Zeugnis bewegt die ganze Welt.“ Das sagt Adveniat-Partner Kardinal Gregorio Rosa Chávez anlässlich der Heiligsprechung am 14. Oktober 2018. Die Kanonisation bedeute für das salvadorianische Volk „eine große Hoffnung und gleichzeitig eine große Herausforderung“, sagt der Weihbischof von San Salvador. Denn Frieden ist auch 26 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs nicht in Sicht: „Die Wurzeln des Krieges sind geblieben – vor allem die soziale Ungerechtigkeit.“ Sie sei Ursache für die Gewaltwelle, die das kleinste Land Zentralamerikas überzieht. Schätzungsweise 100.000 der sechseinhalb Millionen Einwohner gehören den kriminellen Jugendbanden, den Maras an, die die Gesellschaft mit Morden, Revierkämpfen, Schutzgelderpressungen und Vergewaltigungen in Geiselhaft nehmen. In El Salvador sei ein Mentalitätswandel notwendig, sagt Kardinal Rosa Chávez. Es gebe schon die dritte Bandengeneration, „wir brauchen eine andere Welt für sie“. Die Heiligsprechung könne diesen Prozess beschleunigen. 

Sonderheft Oscar Romero

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Wer war Óscar Romero? Welche Vision von Kirche und Gesellschaft hatte er? Antworten darauf gibt das überarbeitete und neu aufgelegte Sonderheft „Heiliger Óscar Romero“, das in der Reihe Blickpunkt Lateinamerika erschienen ist. Es kann kostenfrei per Mail bestellt werden:

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„Es ist einfach, die 3.962 Morde pro Jahr in El Salvador zu zählen, aber umso schwerer die Komplexität der täglichen Gewalt und die Dynamik in den Institutionen zu verstehen, die erneut von Autoritarismus, gewaltsamem Verschwinden, außergerichtlichen Hinrichtungen und Folter geprägt sind, dieses Mal unter dem Vorwand, dass der Feind die Banden sind“, sagt die Psychologin und stellvertretende Leiterin des Menschenrechtsobservatoriums „Servicio Social Pasionista“, Verónica Reyna, in der druckfrischen Sonderausgabe des Blickpunktes Lateinamerika „Heiliger Óscar Romero“. In den letzten elf Jahren sind in El Salvador laut Reyna mehr als 62.000 Menschen zu Tode gekommen, die meisten in einem Umfeld, das von Armut und Ausgrenzung geprägt sei: „Der Tod klopft in El Salvador auch weiterhin an die Türen der ärmsten und am stärksten ausgegrenzten Menschen. Mindestens 90 Prozent der Täter gehen jedoch straffrei aus.“ Reyna hat in den letzten Jahren Menschenrechtsverletzungen systematisch dokumentiert und mit ihrem Team Opfer von Gewalt begleitet. „38 Jahre nach dem Tod von Romero muss unser Land die Herausforderung annehmen, die durch das Vorbild dieser herausragenden Persönlichkeit auf unseren Schultern lastet. Es ist ein ethisches und moralisches Erbe, das über Religion und Glaubensgrundsätze hinausgeht“, sagt Reyna. „Romero ist in unserem Land noch lebendig, vor allem, weil Ungerechtigkeit, Angst, Leid und Schrecken in unserem täglichen Leben weiterhin präsent sind.“ 

Kardinal Rosa Chávez vor einem Bild Óscar Romeros in der Kirche, wo dieser am 24. März 1980 erschossen wurde.
Kardinal Rosa Chávez vor einem Bild Óscar Romeros in der Kirche, wo dieser am 24. März 1980 erschossen wurde. Foto: Matthias Hoch/Adveniat

„Manchmal hat man das Gefühl, nach El Salvador kommt der Erlöser nur zum Weinen“, sagt Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz angesichts der allgegenwärtigen Gewalt. „Die Heiligsprechung von Romero ist Balsam für die verwundete Seele des Volkes von El Salvador, die nach den Jahren des Bürgerkrieges nie Versöhnung oder Wiedergutmachung erfahren hat“, sagt Pater Heinz, der an den Feierlichkeiten zur Heiligsprechung in Rom teilnimmt. 

Der Märtyrertod von Romero sei für die Kirche Ansporn, aus dem Glauben heraus der sozialen und politischen Verantwortung in der Welt gerecht zu werden und den Konflikt mit den Mächtigen auszutragen. Das seien nicht allein El Salvadors Oligarchen, sondern gerade auch die USA, die einen Stellvertreterkrieg in El Salvador geführt haben. Unter den Folgen leidet das Land noch heute. „Statt an einer Grenzmauer, sollte US-Präsident Donald Trump mit am Frieden in El Salvador bauen“, betont Pater Heinz. 

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat entwickelt mit seinen Partnern vor Ort Strategien zur Gewaltprävention. „Wichtig sind dabei Friedenserziehung sowie schulische und berufliche Bildung, damit die Jugendlichen den Banden widerstehen können“, sagt Pater Heinz. Adveniat hat seit seiner Gründung 4.363 Projekte in El Salvador unterstützt. Im vergangenen Jahr waren es 26 basis- und armenorientierte Projekte mit einer Fördersumme von mehr als einer halben Million Euro. Auch Óscar Romero war Partner von Adveniat. Zwölf Projekte hatte er eingereicht und auch die Adveniat-Geschäftsstelle in Essen besucht. 

Eine dreiteilige Video-Dokumentation, eine Einheit für den Schulunterricht und weitere Hintergründe finden Sie auf unserer Óscar-Romero-Seite

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