Erste echte Wahl in Kolumbien
Stichwahl um das Präsidentenamt

Als "sensationell" bezeichnet die Kolumbienreferentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, dass die Kolumbianer bei der Stichwahl ums Präsidentenamt erstmals eine echte Wahl zwischen zwei klar unterschiedenen politischen Richtungen haben. 

Die Präsidentschaftswahl gilt auch als Entscheidung über das Friedensabkommen zwischen Regierung und der Farc-Guerilla.
Die Präsidentschaftswahl gilt auch als Entscheidung über das Friedensabkommen zwischen Regierung und der Farc-Guerilla. Foto: Jürgen Escher/Adveniat

„Die Kolumbianer haben zum ersten Mal eine echte Wahl zwischen zwei klar voneinander unterschiedenen politischen Positionen.“ Dass es dazu in der Stichwahl um das Präsidentenamt in Kolumbien am Sonntag, 17. Juni 2018, kommt, bezeichnet die Kolumbien-Referentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Monika Lauer Perez, als „sensationell“. Auf der einen Seite stehe mit Iván Duque von der Partei Centro Democrático ein Vertreter des konservativen Flügels zur Wahl, der vom ehemaligen Präsidenten und erklärten Gegner des Friedensabkommens Álvaro Uribe unterstützt wird. Auf der anderen Seite trete mit Gustavo Petro von der Bewegung Progresistas/Colombia Humana ein ehemaliger Guerillero des Movimiento 19 de Abril (Bewegung 19 April, M19) an, der sich klar links positioniert hat – auch während seiner Zeit als Bürgermeister von Bogotá (2012–2015).

Monika Lauer Perez, Kolumbienreferentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat.
Monika Lauer Perez, Kolumbienreferentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Foto: Martin Steffen/Adveniat

Vor allem international gilt die Wahl auch als Entscheidung über das 2016 zwischen der kolumbianischen Regierung und der Farc, der größten Rebellengruppe des Landes, geschlossene Friedensabkommen. Während sich Petro sehr deutlich zur Fortsetzung des Friedensprozesses bekannt hat, sagte Duque, er werde das Abkommen in der Luft zerreißen. „Allerdings gab es auch versöhnlichere Töne von ihm. Seine Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin hat sogar angekündigt, den Vertrag nicht zu verändern“, gibt Monika Lauer Perez zu bedenken. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass der aktuelle Präsident Juan Manuel Santos unter Uribe Verteidigungsminister gewesen war und ihm vor der Wahl niemand eine solche Entwicklung zugetraut habe.

„Die mit 53 Prozent für kolumbianische Verhältnisse sehr hohe Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang hat bereits gezeigt, dass auch die Bevölkerung die Wahl als Richtungsentscheidung wahrnimmt. Es stehen sich nicht wie in der Vergangenheit zu oft einige Kandidaten der politischen Elite gegenüber, die sich nur in Nuancen voneinander unterscheiden“, betont die Adveniat-Expertin. Obwohl die Mehrheit der unterlegenen Kandidaten ihren Wählern empfohlen habe, für Iván Duque zu stimmen, stehe das Ergebnis nicht fest. „Da seit 2017 mehr als 150 Menschenrechtsaktivisten im Land ermorden worden sind, engagieren sich gerade auch Nichtregierungsorganisationen sehr stark im Wahlkampf“, berichtet Monika Lauer Perez. Auch die indigenen Völker Kolumbiens meldeten sich in bis-lang nicht gekannter Weise zu Wort. „Die Natur bezahlt den Preis für die menschlichen Eingriffe und Zerstörungen“, heißt es beispielsweise in einem Film der ursprünglichen Völker aus der Sierra Nevada. Sie fordern alle Kolumbianer dazu auf, endlich ihrer Verantwortung für die Umwelt gerecht zu werden. „Doch ohne einen Präsidenten, der die Rechte der Natur verteidigt, ist das unmöglich. Deshalb laden wir dazu ein, Petro zu wählen.“ Die fehlende Sicherheit für ausländische Investoren hatte bislang dafür gesorgt, dass die ursprünglichen Völker in ihren Territorien relativ unbehelligt gemäß ihrer Kulturen und Traditionen leben konnten. Für die Adveniat-Referentin Monika Lauer Perez steht fest: „Die Indigenen befürchten, dass eine wirtschaftsfreundliche Regierung internationalen Firmen erlaubt, in ihren Territorien Bodenschätze abzubauen und landwirtschaftliche Produkte im industriellen Stil für den internationalen Markt anzubauen. Auch die Indigenen empfinden die Wahl als eine für sie existentielle Richtungsentscheidung.“

Ein weiteres Interview mit der Kolumbienreferentin können Sie sich auf dem Podcast von Blickpunkt Lateinamerika anhören.

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