Mexiko vor der Präsidentschaftswahl: "Der Frieden steht auf dem Spiel"

In Mexiko steht kurz vor der Präsidentschaftswahl der Frieden auf dem Spiel. Deshalb fordert Adveniat Mexiko-Referent Reiner Wilhelm, dass sich die deutsche Bundesregierung "entschieden für tiefgreifende rechtsstaatliche Reformen in Mexiko einsetzt". 

Die Plaza de la Constitución, der zentrale Platz in Mexiko-Stadt.
Die Plaza de la Constitución, der zentrale Platz in Mexiko-Stadt. Foto: Matthias Hoch/Adveniat

Die mexikanische Fußballnationalmannschaft hat das Achtelfinale erreicht – das ganze Land steht Kopf. „Auch, wenn für die fußballbegeisterten Mexikaner die Weltmeisterschaft in Russland zurzeit das Wichtigste zu sein scheint, so geht es doch am Sonntag bei den Präsidentschafts- und Regionalwahlen in Mexiko um nicht weniger als die Zukunft des Landes“, sagt Reiner Wilhelm, Mexiko-Referent beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. „Der Frieden in Mexiko steht auf dem Spiel“, betont er. Denn das Land werde von einer Welle der Gewalt heimgesucht, die sowohl die Zivilbevölkerung als auch die Verantwortlichen in der Politik unter sich begrabe. „Mit 29.168 Morden war 2017 das blutigste Jahr in der Geschichte der letzten zwei Dekaden. Seit Beginn des Wahlkampfes im September vergangenen Jahres sind mehr als 120 Politiker und Amtsanwärter ermordet worden“, sagt der Mexiko-Experte von Adveniat. „Die Straflosigkeit ist erschreckend hoch: 95 Prozent der Morde werden nicht geahndet“, gibt Wilhelm zu bedenken. Am 1. Juli finden die umfangreichsten Wahlen in der Geschichte Mexikos statt: Die fast 90 Millionen Wahlberechtigten entscheiden über 18.299 Wahlämter auf nationaler, bundesstaatlicher und lokaler Ebene, darunter das Amt des Präsidenten, die Sitze aller Abgeordneten (500) und der Senatoren (128) des nationalen Kongresses, acht Gouverneure und der Regierungschef von Mexiko-Stadt. Erstmals sind unabhängige Präsidentschaftskandidaten zugelassen.

Unterstützen Sie die Adveniat-Arbeit in Mexiko. Förderschwerpunkte sind, neben der Arbeit mit Migranten und der Indigenen-Pastoral, Friedenserziehung und Gewaltprävention.

Reiner Wilhelm, Mexiko-Referent beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat
Reiner Wilhelm, Mexiko-Referent beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Foto: Martin Steffen

„Politik und Gewalt spielen in Mexiko in einer Liga, weil die organisierte Kriminalität alle Bereiche des öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens unterwandert und unter Kontrolle hat“, sagt Wilhelm. „Die entscheidende Frage wird sein, wie der künftige Präsident die zentralen Themen Rechtsstaatlichkeit, innere Sicherheit, Bekämpfung der Korruption und des Drogenhandels, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Entwicklung angehen will.“

"Wer Waffen liefert, befeuert den Krieg"

„Auch die deutsche Bundesregierung muss sich entschieden für tiefgreifende rechtsstaatliche Reformen in Mexiko einsetzen“, fordert der Mexiko-Experte. Das sei insbesondere im Rahmen der Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen zwischen Europäischer Union und Mexiko wichtig. Deutschland fördere mit seiner politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit die friedlichen oder eben auch die gewalttätigen Kräfte. „Wer in ein Land wie Mexiko Waffen liefert, befeuert den Krieg, den die organisierte Kriminalität gegen die Menschen führt“, kritisiert Wilhelm. Aktuell müssen sich ehemalige Mitarbeiter der Rüstungsfirma Heckler & Koch vor Gericht verantworten. Zwischen 2006 und 2009 waren Tausende Sturmgewehre dieser Firma nach Mexiko geliefert worden. „Wer den Frieden in Mexiko fördern will, muss Solidarität mit den Opfern und den Friedensaktivisten exportieren“, sagt der Adveniat-Referent.

Adveniat fördert Friedenserziehung und Gewaltprävention

Deshalb unterstützt das Lateinamerika-Hilfswerk zurzeit über 150 Projekte mit rund 2,5 Millionen Euro in Mexiko. Förderschwerpunkte sind, neben der Arbeit mit Migranten und der Indigenen-Pastoral, Friedenserziehung und Gewaltprävention. Unterstützt werden beispielsweise die ganzheitliche Arbeit des Vereins „Las Hormigas“ mit dem Ziel, Kinder gewaltfrei zu erziehen und den Teufelskreis von „vererbter“ Gewalt zu durchbrechen; die Einrichtung eines kirchlichen Forschungszentrums zu gesellschaftlichen Fragen in Mexiko, das vor allem auch eine Statistik zur Gewaltsituation im Land erstellt; die Schulung von kirchlichen Mitarbeitern für die Friedensarbeit und die Beratung von Gewaltopfern durch das „Programm Lavadura – Wiederherstellung von Leben“.