Bleibt der Fußballgott Brasilianer oder wird er Mexikaner?

Fußball WM bei Adveniat: Brasilien gegen Mexiko - Isabella Lindoso gegen Stefanie Hoppe.
Fußball WM bei Adveniat: Brasilien gegen Mexiko - Isabella Lindoso gegen Stefanie Hoppe. Foto: Mareille Landau/Adveniat

Russland/Essen.

Wenn sich am Montag Brasilien und Mexiko im Achtelfinale der Fußballweltmeisterschaft gegenüberstehen, dann heißt es nicht nur Neymar gegen Chicharito, sondern auch Isabella Lindoso gegen Stefanie Hoppe. Beide arbeiten beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat in Essen. Die Deutsch-Brasilianerin Isabella Lindoso fiebert mit der Seleção, der brasilianischen Fußballnationalmannschaft, mit. Die langjährige Mexiko-Referentin Stefanie Hoppe feuert hingegen die Tri, die mexikanische Nationalelf an. „Brasilien wird Mexiko zerquetschen wie Limetten in einer Caipirinha“, sagt Isabella Lindoso angriffslustig. Zudem sei Brasilien die einzige Nationalmannschaft, die fünf Sterne auf ihrem Trikot hat. „Mexiko hingegen keinen und das wird auch so bleiben“, sagt sie und wirft ihrer Kollegin einen provozierenden Blick zu. „Eure Sambaeinlagen nach einem Tor sind zwar ganz schön, aber am Montag werden wir tanzende Mexikaner sehen“, kontert Stefanie Hoppe unbeeindruckt. „Denn die Mexikaner sind wie ihre Vorfahren, die Maya und die Azteken, standhaft und kampfbereit“, ist sich Stefanie Hoppe gewiss. Den Sieg gegen Deutschland hätten ihnen schließlich auch nur die Wenigsten zugetraut.

"Ach, heute auf der Arbeit war es Sieben zu Eins"

Über das frühe Aus für Weltmeister Deutschland haben sich weder die Mexikaner, noch die Brasilianer gefreut, betonen beide Adveniat-Mitarbeiterinnen. „Die Seleção wollte eigentlich eine Revanche“, sagt Isabella Lindoso. Denn Brasilien sei vier Jahre lang vom Spiel gegen Deutschland traumatisiert gewesen. Das Sieben zu Eins sei dort noch heute präsent: „Wenn der Tag nicht gut war, sagt man: Ach, heute auf der Arbeit war es Sieben zu Eins.“ Das Land habe damals wirklich unter Schock gestanden. Daran erkenne man auch, wie sehr der Fußball zur brasilianischen Kultur gehöre. „Und während der WM rücken alle etwas näher zusammen und die Schere zwischen Armut und Reichtum schließt sich gefühlt etwas.“ Ein Problem in Brasilien sei nach wie vor die instabile politische Situation. „Die Verunsicherung und der Frust ist Vorort spürbar“, sagt die 27-Jährige, die regelmäßig bei ihrer Familie in Recife, im Nordosten des Landes ist. Anfang Oktober finden die Präsidentschaftswahlen statt. „Bis dahin werden die Brasilianer weiterhin auf die Straße gehen, um gegen Korruption und für eine gerechtere Gesellschaft zu demonstrieren.“ Allerdings könne eine erfolgreiche WM die Stimmung im Land zumindest kurzfristig verbessern.

Wird nach dem Spiel Samba getanzt oder spielen die Mariachi?

Gleiches gilt für Mexiko, wo am 1. Juli Präsidentschafts- und Regionalwahlen stattfinden. „Das Land wird von einer beispiellosen Welle der Gewalt heimgesucht“, sagt Stefanie Hoppe. Mit über 29.000 Morden sei 2017 das blutigste Jahr in der Geschichte der letzten zwei Dekaden gewesen. „Deshalb hoffe ich, dass der Fußball den Mexikanern Kraft gibt, gegen Gewalt und Korruption anzukämpfen“, sagt die 62-Jährige. „Ein Sieg gegen das größte Land Lateinamerikas, die Fußballnation Brasilien, würde den Mexikanern viel Selbstbewusstsein geben.“ – „… für uns würde ein Sieg bedeuten, dass wir dem sechsten Stern schon etwas näher gekommen sind“, sagt Isabella Lindoso spitzbübisch. „Außerdem feiern wir Brasilianer unheimlich gerne. Das wäre wieder eine tolle Gelegenheit dafür.“ Ob nach dem Achtelfinale also Samba getanzt wird oder die Mariachi spielen, weiß nur der Fußballgott. Beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat wird das Spiel am Montag zusammengeguckt – und auf jeden Fall gefeiert.  

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