Hoffnung für Suchtkranke
Padre Miguel Angel Rangel

Padre Miguel Angel Rangel sorgt mit psychologischen Hilfsprogrammen dafür, dass auch für die Suchtkranken ein ÜberLeben in der Stadt Tula möglich wird.

Padre Miguel Angel Rangel

Schon als Zwölfjähriger bekam Miguel Angel Rangel den Spitznamen „der Mönch“. „Wir mussten als Hausaufgabe ein Foto ausschneiden mit dem Beruf, den wir einmal ergreifen wollen“, erzählt er. „Ich suchte eigentlich einen Polizisten, fand dann aber in der ersten Zeitschrift ein schönes Bild von zwei Priestern, schnitt es aus und ging dann mit meinen Freunden spielen.“ Aber so ganz zufällig war die Wahl wohl doch nicht. Sein Elternhaus in Actopan, damals ein beschauliches Dorf in Zentralmexiko, war sehr katholisch, er und die drei Brüder gingen jeden Sonntag zur Messe. Mit 15, am Ende der Sekundarstufe, bewarb er sich um die Aufnahme ins Priesterseminar. 1985, mit 26 Jahren, wurde er zum Priester geweiht. Heute sorgt er sich mit psychologischen Hilfsprogrammen darum, dass auch für die Suchtkranken ein ÜberLeben in der Stadt Tula möglich wird.
 

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Sein Weg dorthin führte ihn über Rom auch nach Deutschland. Denn das Bistum Tula, in dem er ersten Jahre Theologie am Priesterseminar unterrichtet hatte, schickte ihn zur weiteren Ausbildung nach Rom. In den Sommerferien ging er – wie viele katholische Geistliche in dieser Zeit – bei Mercedes in Stuttgart arbeiten. „Ich war sehr beeindruckt von meiner Gastfamilie. Sie hatten mehr Bücher über mexikanische Archäologie und Kultur als die meisten mexikanischen Haushalte“, schildert der heute 62-Jährige. Auch die deutsche Ordnung, Sauberkeit und Pünktlichkeit beeindruckten ihn. „Auf dem Fahrplan stand, der Bus fahre um 7.57 Uhr. Ich hielt das für einen Scherz, aber er kam wirklich auf die Minute pünktlich.“ Neu war für ihn auch das Verhältnis der Geschlechter zueinander: „Der Mann machte sich abends sein Essen selbst warm, und manchmal ging er mit einer Nachbarin in klassische Konzerte, weil die seiner Frau nicht gefielen. So was ist bis heute in Mexiko nicht üblich.“

1993 kehrte Padre Miguel nach Mexiko zurück und arbeitete abwechselnd als Vikar in Tula und als Pfarrer in Tepeji del Río, einem Dorf, das in den 1990er-Jahren, nach dem Abschluss des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens, einem rasanten Industrialisierungsprozess unterworfen war. „Wir lagen plötzlich mitten im Industrie-Korridor, der von Mexiko-Stadt bis nach Queretaro reicht“, erzählt er. Fertigungsfabriken für Textilien, Elektrogeräte und Motoren machten auf. Zwischen 1980 und 1995 verdoppelte sich die Bevölkerungszahl. „Es gab plötzlich Geld und Arbeit außerhalb der Landwirtschaft, viele neue Geschäfte eröffneten“, erinnert er sich. Allerdings waren die Löhne niedrig, und das Familienleben veränderte sich. „Die Fabriken arbeiteten in drei Schichten rund um die Uhr, die Eltern hatten weniger Zeit für ihre Kinder und für freiwillige Pastoralarbeit.“ Alkohol- und Drogenkonsum wurden zum Problem.

Adveniat-Projektpartner Padre Miguel bietet deshalb in seiner Pfarrei psychologische Hilfestellung an. Flankierend zu Entziehungskuren lernen dort Abhängige, auch spirituell und mental wieder Kontrolle über ihr Leben zu erlangen. Einige trockene Alkoholiker unterstützen ihn dabei. Zudem hat er mit Hilfe von Freiwilligen aus dem Bistum Münster eine Essensausgabe für Alte und Kranke eingerichtet. Weil die Familienbande im Industriegürtel bröckeln, sind gerade sie oft auf sich allein gestellt. Altersarmut ist in Mexiko ein großes Problem. 43 Begünstigte gibt es in seiner Pfarrei. Einmal im Monat gehen die Einnahmen aus der sonntäglichen Kollekte in den Einkauf von Nahrungsmitteln und Medikamenten. „Gerade in der Pandemie war die internationale Solidarität eine große Hilfe“, schildert er. „Obwohl die Kirchen lange geschlossen blieben und bei virtuellen Messen weniger gespendet wird, konnten wir so unser Hilfsprogramm aufrechterhalten.“ 

Text: Sandra Weiss


ÜberLeben in der Stadt

80 Prozent der Menschen in Lateinamerika und der Karibik leben bereits heute in den Städten. Und die Landflucht hält weiter an. Doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft wird häufig enttäuscht. Das Leben der Indigenen, Kleinbauern und Klimaflüchtlinge am Stadtrand ist geprägt von Armut, Gewalt und fehlender Gesundheitsversorgung. Und wer arm ist, kann für seine Kinder keine gute Ausbildung bezahlen. Unter dem Motto „ÜberLeben in der Stadt“ rückt Adveniat mit seiner diesjährigen Weihnachtsaktion die Sorgen und Nöte der armen Stadtbevölkerung in den Blickpunkt.