Schwester Arlina Barral - Hoffnung für gestrandete Migranten in der Großstadt

Schwester Arlina ist Leiterin der Casa Mambré und ein wahres Multitalent. Krankenschwester, Managerin, Kindergärtnerin, Köchin, Psychologin, Berufsberaterin, Anwältin. Foto: Hans-Maximo Musielik


Wochenlang hat Lucía* die fremde Stadt nur gehört, gerochen und einen winzigen Ausschnitt davon gesehen. Von der Dachterrasse aus sah die Achtjährige die mit Antennen und Wäscheleinen verstellten Flachdächer des Viertels und die verschachtelten Innenhöfe, die so charakteristisch für das Zentrum von Mexiko-Stadt sind. Es roch nach Maisfladen, Abwasser und Orangenblüten. Anders als das kleine Dorf in Honduras, aus dem sie zusammen mit ihrer Mutter und drei Geschwistern vor kriminellen Banden, Armut und einem prügelnden Vater fliehen musste.
 


In dem von Adveniat unterstützten Wohnheim des Scalabrinianerinnen-Ordens fand Lucías Familie nach mehreren Wochen der Flucht eine Oase. Wegen der Coronapandemie beschränkten sich die ersten Wochen im fremden Land allerdings auf die beiden Stockwerke der Casa Mambré. Nun aber geht es zum ersten Mal hinaus. Lucía gibt Schwester Arlina Barral die Hand, um über die sechsspurige Straße in den gegenüberliegenden Park zu gehen. Schwester Arlina ist Leiterin der Casa Mambré und ein wahres Multitalent. Krankenschwester, Managerin, Kindergärtnerin, Köchin, Psychologin, Berufsberaterin, Anwältin – all diese Rollen muss die 54-Jährige übernehmen. Die Heimleitung beansprucht sie rund um die Uhr und fordert die Management-Qualitäten der gelernten Betriebswirtin, die ursprünglich von den Philippinen stammt.
 

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„In ganz Mexiko-Stadt gibt es nur 200 Wohnheimplätze für Migranten“, erläutert Schwester Arlina. Die Nachfrage ist groß, denn die Hauptstadt ist eine Anlaufstelle für die Migranten, die um Leib und Lebens fürchten und die politisches oder humanitäres Asyl beantragen. In der Casa Mambré bekommen sie dreimal am Tag etwas zu essen und das Nötigste – von Kleidern bis zu Hygieneartikeln. Sie können ihre Wäsche waschen, die Kinder werden unterrichtet, es gibt Brettspiele und eine Tischtennisplatte. Mehrmals die Woche kommt ein Arzt vorbei; eine Sozialarbeiterin und ein Psychologe helfen bei Behördengängen, beim Einleben in Mexiko und beim Bewältigen von Traumata.

Seit 2020 leitet Schwester Arlina die Unterkunft, in der bis zu 50 Frauen, Männer und Kinder Unterschlupf finden. Nützlich sind ihr dabei die Kontakte, die sie in 20 Jahren Mitarbeit in der Migrantenpastoral sammeln konnte – und ihre eigenen Erfahrungen, denn auch ihr Vater ging eine Zeitlang als Arbeitsmigrant nach Afrika. „Ich weiß, wie belastend diese Erfahrung ist“, sagt sie.

*Der Name wurde von der Redaktion geändert

Text: Sandra Weiss
 


ÜberLeben in der Stadt

80 Prozent der Menschen in Lateinamerika und der Karibik leben bereits heute in den Städten. Und die Landflucht hält weiter an. Doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft wird häufig enttäuscht. Das Leben der Indigenen, Kleinbauern und Klimaflüchtlinge am Stadtrand ist geprägt von Armut, Gewalt und fehlender Gesundheitsversorgung. Und wer arm ist, kann für seine Kinder keine gute Ausbildung bezahlen. Unter dem Motto „ÜberLeben in der Stadt“ rückt Adveniat mit seiner diesjährigen Weihnachtsaktion die Sorgen und Nöte der armen Stadtbevölkerung in den Blickpunkt.