Adveniat-Partner Davi Kopenawa erhält alternativen Friedensnobelpreis

Es sind harte Zeiten für Menschen wie Davi Kopenawa. Seine Heimat steht in Flammen, Goldsucher, Holzfäller und Hasardeure jeder Art entern sein geschütztes Yanomami-Territorium im Amazonas. Als beharrlicher Kämpfer für die Indigenen ist Kopenawa der brasilianischen Regierung ein Dorn im Auge.

Davi Kopenwa Yanomami (Chefs der Yanomami-Organisation „Hutukara“ ) beim Marsch ins Yanomami-Dorf Watoriki. Foto: Adveniat/Escher

Das sind diese Momente, die der Yanomami-Indianer liebt: Wenn er das Kreuz noch ein Stück breiter machen muss als ohnehin ist. Wenn er sich nicht einschüchtern lässt durch Morddrohungen, Invasoren und einen vorlauten Präsidenten. Je stürmischer es wird, desto ruhiger wird Kopenawa. Angst vor vermeintlichen Autoritäten hat er nicht. Auch dafür wurde der 63 Jahre alte Schamane und wichtigster Repräsentant der Yanomami-Ureinwohner am Mittwoch, 25. September 2019, mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
 
Nach innen ist der Ausgezeichnete einer der größten geistigen Führer seines Volkes, nach außen ist er einer der wichtigsten Streiter für die Sache seiner Ethnie im Ringen um ihr Land und das Recht, auch heute noch ungestört nach den alten Traditionen leben zu dürfen. Aber das wird immer schwieriger für die Indigenen, die im nördlichen Teil des Amazonasbeckens heimisch sind. Von den auf rund 26.000 geschätzten Yanomani leben knapp 17.000 im brasilianischen Teil. Dieser alleine hat die Größe Portugals. Die übrigen 9.000 Yanomami leben im venezolanischen Teil des Amazonas.

"Einer der wichtigsten Intellektuellen des Amazonas-Regenwalds" 

Kopenawa, der als einer der wenigen Yanomami fließend portugiesisch spricht, reist unermüdlich durch die Welt, um auf die Gefahren für sein Volk aufmerksam zu machen. Erst im Mai war er bei einer Konferenz zum Thema Klimawandel und Amazonas an der US-Universität Harvard und wurde dort mit stehenden Ovationen bedacht. Immer wieder reist Kopenawa auch nach Deutschland, um für die Sache seines Volkes um Unterstützung zu werben. 
 
Die brasilianische Schriftstellerin und Filmemacherin Eliane Brum nennt Kopenawa „einen der wichtigsten Intellektuellen des Amazonas-Regenwalds“. „Wenn sie ihn ermorden, stirbt mit ihm eine ganze Bibliothek“, schrieb Brum jüngst. Gemeinsam mit dem französischen Anthropologen Bruce Albert hat der Yanomami-Führer eine Amazonas-Anthologie verfasst, die zeigen soll, worin der Glaube, das Wissen und die Weisheiten der Volksgruppe bestehen. „Es ist ein Buch für alle diejenigen, die draußen in den Städten leben und weder uns noch unseren Wald kennen. Wir Yanomami sind weise, können denken, sprechen und kennen die Geschichte der Welt und des Regenwaldes,“ unterstreicht Kopenawa. 

Für gute Lebensbedingungen für die indigenen Völker im Amazonas.

Organisation Hutukara kämpft für die Rechte der Yanomami
 
Bekannter als sein „Lehrbuch“ aber ist noch seine Organisation mit Namen „Hutukara“, was so viel bedeutet wie „Der Himmel, der die Erde gebar“. Es ist eine Interessensvertretung der Indigenen, die Kopenawa und andere Yanomami vor 15 Jahren gegründet haben und deren wichtigste Aufgabe es ist, für die Rechte der Volksgruppe zu kämpfen. Denn diese sind in diesen Zeiten mehr denn je in Gefahr, obwohl das Territorium seit 1992 als „Terra Indígena" anerkannt ist, als geschütztes Indigenengebiet. So steht es jedenfalls auf dem Papier. Aber Kopenawa zufolge ist die Zahl der Eindringlinge im letzten halben Jahr explodiert, seit Bolsonaro das Amazonasgebiet rhetorisch zur Ausbeutung freigegeben hat. Alleine 20.000 neue „Garimpeiros“, Goldschürfer seien in diesem Jahr widerrechtlich in ihr Gebiet eingedrungen. Sie reißen die Böden auf und verseuchen die Flüsse mit Quecksilber. 
 
Präsident Bolsonaro hat damit kein Problem. Das hat er vielmehr mit dem Rest der Welt, der den Amazonas als „grüne Lunge“ schützen will. Am Dienstag vor der UN-Vollversammlung wiederholte der rechtsradikale Präsident nochmal seine Meinung, dass die internationale Gemeinschaft kein Recht habe, sich in die Angelegenheiten der Amazonas-Staaten einzumischen. Darüber würde Davi Kopenawa gerne einmal selber mit Bolsonaro reden. „Ich habe keine Angst vor ihm, nur vor seiner Aggressivität. Aber der Präsident soll gerne zu uns kommen, um mit mir und meinem Volk zu reden“.

Autor: Klaus Ehringfeld