Adveniat verurteilt Repressionen in Nicaragua

In Nicaragua sitzt der regierungskritische Bischof Rolando Alvarez seit Monaten in Gewahrsam. Wann der Prozess gegen ihn beginnt, ist unklar. Die Kirche werde in dem Land mundtot gemacht, kritisiert Inés Klissenbauer, Mittelamerika-Referentin bei Adveniat.
 

„Bringt uns nicht um“ (No nos maten). Zwei vermummte Protestierer auf der Demo einer Demo zur Unterstützung der Bischöfe in Managua. Das Plakat sagt: „Bringt uns nicht um – Freies Nicaragua“. (Symbolbild) Foto: Ehringfeld/Adveniat

Inés Klissenbauer, Mittelamerika-Referentin bei Adveniat. Foto: Steffen/Adveniat

Wofür steht Bischof Álvarez? 

Bischof Álvarez, aus Managua stammend, 56 Jahre alt, gehört zu den jüngeren Bischöfen Nicaraguas. Er hat in Rom und in Guatemala studiert und fällt schon seit Jahren damit auf, dass er Proteste gegen ein Goldminen-Werk anführt, das die Regierung geplant hat und das zu erheblichen Umweltzerstörungen und zu Vertreibungen führen würde. Von daher ist er schon als Bischof bekannt, der das Zeitgeschehen kritisch begleitet. Außerdem ist er vor allem seit dem politischen Konflikt 2018 bei der Regierung in Verruf geraten, weil die Regierung anderslautende Positionen und Meinungen nicht duldet und er sich immer wieder gegen die Gewalt, gegen die Menschenrechtsverletzungen der Regierung offen ausgesprochen hat. 

Wie genau lautet jetzt der Vorwurf gegen den Bischof, wenn wir auf diesen Prozess, der da kommen wird, blicken?

Es wird ihm vorgeworfen, Falschnachrichten zu verbreiten, außerdem die Verschwörung zur Untergrabung der nationalen Integrität. Es ist also eine ganz schwerwiegende Anklage, die auch anderen inhaftierten Priestern im Moment zuteil wird. Damit subsumiert man seine Haltung gegenüber der Regierung, seine kritischen Äußerungen und dass er eben die Menschen aufruft, gegen die Regierung aufzutreten. 

Jetzt, so heißt es, hat sich der Vatikan eingeschaltet und im Fall Álvarez mit der sandinistischen Regierung Kontakt aufgenommen. Was wissen Sie darüber und wie bewerten Sie das? 

Es heißt, dass sich der Vatikan in Gesprächen mit der Regierung befinden soll. Es ist nichts Neues, dass der Vatikan über die Lage in Nicaragua sehr genau informiert wird. So heißt es auch aus Managua. Es wird sicherlich angestrebt, mit der Regierung in Kontakt zu bleiben und irgendwie Chancen auszuloten. Der Papst hat sich sehr spät geäußert, auch Kardinal Leopoldo Brenes, der Erzbischof von Managua, und andere wichtige Kirchenvertreter sind sehr zurückhaltend - bis auf Bischof Álvarez, dem jetzt der Prozess gemacht wird und Weihbischof Silvio Baez, der ins Exil gehen musste. Von daher hält sich die Kirche offiziell sehr zurück, auch der Papst. Man versucht, einen Verhandlungsweg einzuschlagen. 
 

Für den Einsatz für Frieden und Menschenrechte in Lateinamerika.


Die katholische Kirche hat in Nicaragua ein schwieriges Standing. Wie äußert sich das konkret? 

Die Kirche ist ganz stark den Repressionsgesetzen ausgesetzt. Die Regierung hat, angelehnt an das russische Regime, zu Hauf Repressionsgesetze verabschiedet, bei denen freie Meinungsäußerung unter Strafe gestellt wird. Über 3.000 Nichtregierungsorganisationen und auch kirchliche Organisationen wurden inzwischen geschlossen. Es gab rund 400 tätliche Attacken gegen Kirchen und kirchliche Institutionen. Prozessionen sind inzwischen verboten. Die Kirche muss praktisch im Verborgenen agieren. Sie darf nicht mehr öffentlich auftreten und sich nicht äußern. Viele Priester sind außer Landes geflohen. Teilweise wird ihnen die Einreise zurück verweigert. Elf sitzen in Haft. Einigen ist schon der Prozess gemacht worden, mit hohen Strafen. Die Kirche wird mundtot gemacht, sie wird angefeindet. Die Bischöfe wurden als Terroristen und Umstürzler verunglimpft. Von daher ist die Lage äußerst bedrohlich.

Was können Sie von Adveniat, als kirchliches Hilfswerk da tun, um lokale Partner trotz aller Widrigkeiten zu unterstützen? 

Wir sind natürlich auch betroffen von den Repressionen der Regierung. Wir können einige Institutionen nicht mehr fördern, deren Rechtspersönlichkeit entzogen wurde. Auf der anderen Seite haben wir noch Möglichkeiten, über die Kirche verschiedene Projekte im Gesundheitswesen und im Bildungswesen zu unterstützen. Es wird sehr genau geguckt, woher die Gelder kommen, was damit gemacht wird. Aber im caritativen Bereich, im Gesundheitsbereich und anderen Bereichen ist es auf jeden Fall noch möglich zu unterstützen. Das tun wir tatkräftig und versuchen natürlich, den Kontakt zu unseren Partnern beizubehalten und auch unsere Solidarität auszudrücken. 

Das Interview führte Hilde Regeniter von Domradio.