Für ein demokratisches Brasilien
Zum 100. Geburtstag von Kardinal Arns

Am Unabhängigkeitstag (7. September) haben mehrere hunderttausend Anhänger des umstrittenen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro auf Plakaten dem Obersten Gerichtshof und dem Kongress gedroht und eine Militärintervention gefordert. Für Adveniat-Hauptgeschäftsführer Martin Maier ist Kardinal Arns, der am 14. September 100 Jahre alte geworden wäre, die Symbolfigur für ein demokratisches Brasilien.

Proteste in Brasilien Symbolbild

Bei Protesten in Brasilien zum Unabhängigkeitstag forderten Demonstraten eine Militärintervention (hier ein Symbolbild). Foto: Semilla Luz, Flickr CC 

„‚Brasilien: Nie wieder‘ – Das muss die Antwort sein, wenn von Präsident Jair Bolsonaro und seinen Anhängern offen mit einem Militärputsch kokettiert oder gar gedroht wird.“ Davon ist der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Pater Martin Maier überzeugt. Am Unabhängigkeitstag (7. September) hatten mehrere hunderttausend Anhänger des umstrittenen Präsidenten – angestachelt von dessen antidemokratischen Reden – auf Plakaten dem Obersten Gerichtshof und dem Kongress gedroht und eine Militärintervention gefordert. „Kardinal Paulo Evaristo Arns, der am 14. September 100 Jahre alt geworden wäre, muss in der aktuell aufgeheizten Lage Maßstab und Richtschnur kirchlichen Handelns und Redens sein. Denn der frühere Erzbischof von São Paulo, der am 14. Dezember 2016 gestorben war, hatte die Verbrechen der Militärdiktatur mutig angeprangert und sich sein Leben lang für ein demokratisches Brasilien eingesetzt. Seine Kathedrale im Herzen der Millionen-Metropole war Symbol und Ort des Widerstandes und der Verteidigung der Menschenrechte“, so der Adveniat-Chef, der an das Projekt „Brasil: Nunca Mais“ (Brasilien: Nie wieder) erinnerte. Dabei handelte es sich, um einen der wenigen Beiträge zur Aufarbeitung der Militärdiktatur von 1964 bis 1985.

Für die Menschen in Brasilien.

Kardinal Paulo Evaristo Arns

Kardinal Paulo Evaristo Arns OFM, aufgenommen 1992. Foto: Achim Pohl

Der Adveniat-Partner und Vorsitzende der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB), Walmor Oliveira de Azevedo, hat sich in einer Stellungnahme klar zur Gewaltenteilung bekannt: „Lassen Sie sich nicht von denen in die Irre führen, die die Legislative und die Judikative angreifen. Die Existenz der drei Gewalten unterbindet die Existenz eines Totalitarismus.“ Die Menschen rief der Erzbischof von Belo Horizonte in der „von Wut und Intoleranz vergifteten“ Lage zum Frieden auf. „Wer sich Christin oder Christ nennt, muss ein Agent des Friedens sein. Und Friede lässt sich nicht mit Waffen aufbauen.“ Damit spielte der Vorsitzende der Brasilianischen Bischofskonferenz darauf an, dass Bolsonaro die Bewaffnung der Menschen immer wieder gefordert und die gesetzlichen Regelungen dazu gelockert hat. Um Frieden zu schaffen, müsse vielmehr die prekäre Situation der Bevölkerung verbessert werden. Christen könnten angesichts von Arbeitslosigkeit und hoher Inflation, angesichts einer sich verstärkenden pandemischen Lage und sozialer Ausgrenzung nicht gleichgültig bleiben. „Hunger ist für 20 Millionen Brasilianer Realität“, so Erzbischof Oliveira de Azevedo.

Die Corona-Pandemie und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Bolsonaro-Regierung haben Brasilien auf die Weltkarte des Hungers zurückkehren lassen. „Wir unterstützen als Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern vor Ort die Menschen in dieser Situation mit Lebensmitteln und Hygiene-Paketen“, sagte Adveniat-Chef Pater Martin Maier. „Mit Bildungsinitiativen, Menschenrechts-Schulungen, Kursen für Frauen und dem Einsatz für faire Arbeitsbedingungen steht Adveniat aber gerade auch für eine langfristige Hilfe zum Aufbau einer demokratischen und selbstbewussten Zivilgesellschaft.“ Damit setzt das Lateinamerika-Hilfswerk konsequent den Weg fort, den es auch mit dem Kämpfer gegen die brasilianische Militärdiktatur Kardinal Arns gegangen ist. Mit seinen guten Verbindungen zu den Konzils-Päpsten Johannes XXIII. und Paul VI. habe sich Kardinal Arns maßgeblich dafür eingesetzt, dass die Aufbrüche des Zweiten Vatikanischen Konzils auf dem „Kontinent der Hoffnung“ lebendige Mitte des Glaubens und der Gemeinden an der Basis wurden. „Kardinal Arns hat die vorrangige Option für die Armen und die Jugend, wie sie sich die lateinamerikanische Kirche gegeben hat, in seiner Erzdiözese umgesetzt und gelebt“, sagte Pater Maier. Mit seiner Schwester, der Medizinerin Zilda Arns, gründete er 1985 die Pastoral da Criança. Die Kinderpastoral der katholischen Kirche in Brasilien wird auch vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt.

Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 2.000 Projekte mit rund 35 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.