„Seine leidenschaftliche Predigt besiegelte sein Todesurteil“
Adveniat zur Seligsprechung des Märtyrers Rutilio Grande

Am 22. Januar wird der Jesuit Rutilio Grande und seine Begleiter, die am 12. März 1977 ermordet wurden, in El Salvador seliggesprochen. Für den Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier SJ „ein Signal der Ermutigung für die Kirche auf ihrem Weg der sozialen, kulturellen, ökologischen und synodalen Umkehr“.

 

An dieser Stelle in der Nähe von El Paisnal wurde Rutilio Grande am 12. März 1977 erschossen. Sein Tod löste bei Óscar Romero einen Sinnewandel aus, den manche als "Bekehrung" beschreiben

An dieser Stelle in der Nähe von El Paisnal wurde Rutilio Grande am 12. März 1977 erschossen. Sein Tod löste bei Óscar Romero einen Sinnewandel aus, den manche als "Bekehrung" beschreiben. Foto: Matthias Hoch/Adveniat

„Mit seiner leidenschaftlichen Predigt gegen den Machtmissbrauch und die Heuchelei der Mächtigen und für die Rechte und die Würde der Armen besiegelte der Jesuit Rutilio Grande sein Todesurteil.“ Davon ist der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat Pater Martin Maier SJ überzeugt. Der 1977 ermordete Rutilio Grande wird gemeinsam mit seinen Begleitern Nelson Rutilio Lemus und Manuel Solórzano sowie dem Franziskaner Cosme Spessotto am 22. Januar 2022 im zentralamerikanischen El Salvador seliggesprochen. „Sie stehen für den Neuaufbruch der lateinamerikanischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Sie stehen für eine missionarische Kirche, die an die Peripherie, an die sozialen und existentiellen Ränder gegangen ist. Sie stehen für eine verfolgte Kirche, die zahlreiche Märtyrer für Glaube und Gerechtigkeit hervorgebracht hat“, schreibt der Adveniat-Hauptgeschäftsführer in seinem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der Herder Korrespondenz.

Óscar Romero auf eine Wandbild seines Wohnhauses

Für den 2018 heiliggesprochene Óscar Romero war die Ermordung Rutilio Grandes ein Wendepunkt. Foto: Matthias Hoch/Adveniat

Rutilio Grande vollzog mit seiner missionarischen und befreienden Pastoral in einer Landgemeinde den Standortwechsel der Kirche auf die Seite der Armen, wie er 1968 auf der lateinamerikanischen Bischofsversammlung von Medellín beschlossen worden war. Damit wurde er zum prophetischen Wegbereiter für den Heiligen Óscar Romero. „Die Ermordung Rutilio Grandes und seiner Begleiter bewirkte in Óscar Romero eine tiefe Veränderung, die einige sogar als ‚Bekehrung‘ bezeichneten“, erläutert Pater Maier. „Aus einem eher ängstlichen und konservativen Bischof wurde ein prophetischer Verteidiger der Armen.“ Wie vor ihm Rutilio Grande hatte der Erzbischof von San Salvador die offene Kritik an den herrschenden Militärs und Großgrundbesitzern sowie sein Eintreten für die Rechte und die Würde der Armen mit seinem Leben bezahlt. Am 24. März 1980 war Romero während eines Gottesdienstes am Altar erschossen worden.

Für den Einsatz für Frieden und Menschenrechte in Lateinamerika.

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier. Foto: Achim Pohl/Adveniat

Wie der 2018 heiliggesprochene Óscar Romero steht auch Papst Franziskus in der Tradition Rutilio Grandes. Die ihm persönlich am Herzen liegende Seligsprechung „fällt in eine Zeit neuer Bewegungen und Veränderungen in der Kirche Lateinamerikas“, so Pater Maier. „Vieles, was heute auf der Agenda der Erneuerung der Kirche in Lateinamerika und der Karibik steht, hat Rutilio Grande vorweggenommen: der missionarische Neuaufbruch, die neue Beteiligung der Laien, die Würdigung der indigenen Traditionen, der prophetische Beitrag zu politischen und strukturellen Veränderungen“, schreibt der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Die hierarchischen Strukturen der Kirche hätten sich überlebt. Für ihre Zukunft überlebensnotwendig sei es deshalb, „dass die Laien und insbesondere die Frauen Verantwortung in der kirchlichen Sendung übernehmen. Dies setzt eine Beseitigung des Klerikalismus und eine Mitwirkung des gesamten Volkes Gottes in den Unterscheidungs- und Entscheidungsprozessen voraus und wirft auch neu die Frage des Zugangs von verheirateten Männern und Frauen zu kirchlichen Ämtern auf“. Für den Adveniat-Hauptgeschäftsführer sind die Seligsprechungen vom 22. Januar „ein Signal der Ermutigung für die Kirche auf ihrem Weg der sozialen, kulturellen, ökologischen und synodalen Umkehr“.

Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 2.000 Projekte mit rund 35 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.