"Gewalt darf nicht den Ausgang der Wahl in Mexiko bestimmen"

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat fordert für den Super-Wahltag in Mexiko am kommenden Sonntag, dass die Sicherheit gewährleistet wird. 130 Kandidaten und Beamte sind im Wahlkampf bereits umgebracht worden.

Reiner Wilhelm, Mexiko-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat

„Erneut ist es eine Wahl, in dessen Vorfeld mehr als 130 Kandidaten und Beamte in dem durch Gewalt geprägten Land umgebracht worden sind“, beklagt Reiner Wilhelm, Mexiko-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Foto: Martin Steffen

Am 6. Juni steht in Mexiko ein Superwahltag an. „Erneut ist es eine Wahl, in dessen Vorfeld mehr als 130 Kandidaten und Beamte in dem durch Gewalt geprägten Land umgebracht worden sind“, sagt Reiner Wilhelm, Länderreferent für Mexiko beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Morde und Morddrohungen gehören zum politischen Alltag und verunsichern die Bevölkerung.

„Präsident Andrés Manuel López Obrador hat durch seine Angriffe auf die Wahlbehörde versucht, Einfluss zu nehmen und die demokratischen Strukturen zu schwächen. Dies ist ihm nicht gelungen“, sagt der Mexiko-Experte Wilhelm. „Die Wahlen bieten die Chance, dass die Wählerinnen und Wähler durch ihr Votum verantwortungsvoll die Zukunft ihres Landes mitgestalten und sich damit an der Lösung der vielen Probleme zu beteiligen.“

Zur Wahl stehen am Sonntag rund 20.000 Ämter im ganzen Land: 500 nationale Abgeordnete, 15 Gouverneure, etwa 1.000 Landtagsabgeordnete, etwa 1.900 Bürgermeisterämter, knapp 14.500 Stadträte und rund 2.000 kommunale Rechtsbeistände (sogenannte Sindicaturas). Sie alle werden den politischen Kurs des Landes in den nächsten Jahren bestimmen. Die Wahl gilt auch als eine Art-Halbzeitreferendum für die Politik von Mexikos Präsident López Obrador, der Mitte 2018 die Präsidentschaftswahlen gewann und noch weitere drei Jahre im Amt bleiben wird.

35.000 Morde - 2020 war erneut ein blutiges Jahr

Während der Amtszeit von López Obrador sind Mexikos Probleme nicht kleiner geworden: Das Land erlebte 2020 mit mehr als 35.000 Morden erneut ein blutiges Jahr, obwohl der Präsident mit einer neuen Sicherheitspolitik das Land befrieden wollte. Hinzu kommt ein schwerer Einbruch der Wirtschaft durch die Corona-Pandemie. Offiziell starben mehr als 222.000 Menschen an einer Corona-Infektion, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Mexiko ist zudem ein Schlüssel für die aktuelle Migrationspolitik in Mittel- und Nordamerika. Präsident López Obrador riegelt die Südgrenze des Landes immer mehr ab, um den Menschen aus dem bettelarmen und von schweren Wirbelstürmen betroffenen Länderdreieck Honduras, El Salvador und Guatemala die Flucht gen Norden zu erschweren. Dies geschieht auf Druck der USA, aber auch aus innenpolitischen Motiven heraus.

Für Menschen in Lateinamerika

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz. Foto: Achim Pohl/Adveniat

„Um die tiefgreifenden Probleme in Mexiko zu lösen, ist zunächst einmal eine fundamental andere Politik des Westens auch in der Bekämpfung der Drogenkartelle notwendig“, sagt Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz. „Dazu zählt unter anderem auch ein Stopp der legalen und illegalen Waffenlieferungen aus den USA in Richtung Mittelamerika. Mexiko braucht nicht noch mehr Waffen, sondern Arbeitsplätze und Hoffnung. Darüber hinaus ist eine humanitäre Migrationspolitik Mexikos und der USA notwendig, denn vor allem Migrantinnen und Migranten sind von der Gewalt in Mexiko betroffen. Sie sind brutalen Menschenhändlern und Drogenbanden schutzlos ausgeliefert. Es kommt immer wieder zu Massakern an Migranten.“

Am Wahltag müsse der mexikanische Staat garantieren, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landes sicher und ohne Bedrohung ihr Votum abgeben können. Adveniat stellt sich deshalb hinter die Aufforderung der Mexikanischen Bischofskonferenz, die fordert, dass alle „Mexikanerinnen und Mexikaner das Recht auf eine Stimmabgabe in einer freien, geheimen und bewussten Weise abgeben können.“ Deswegen sei es notwendig, sagen die mexikanischen Bischöfe, anzuerkennen, dass Mexiko zuallererst eine ethnisch und kulturell vielfältige Nation ist, die stets nach Wegen der Versöhnung und einer authentischen Souveränität gesucht habe.

Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 2.000 Projekte mit rund 35 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.