Bischöfe Mittelamerikas fordern ernsthafte Auseinandersetzung mit Gründen der Migration

Während Mexiko auf Druck der USA seine Migrationspolitik verschärft, suchen mittelamerikanische Bischöfe nach Antworten auf die drängendsten Fragen. Die Fluchtroute aus Südamerika Richtung USA ist für die Menschen mit vielen Gefahren verbunden.

Grenze zwischen Mexiko und den USA in Tijuana. In den zurückliegenden fünf Jahren sind rund 353.000 Menschen aus dem Länderdreieck El Salvador, Honduras und Guatemala in Richtung USA geflohen. Foto: Tobias Käufer

Schon die Wahl des Ortes für das Treffen ist eine kleine Aussage: In der Stadt Tapachula im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas ist das Thema Migration allgegenwärtig. Unweit von hier liegt die Grenze zu Guatemala, über die Flüchtlinge aus Mittelamerika in Richtung Norden kommen. Genau hier haben sich Bischöfe aus Mexiko, Honduras, Guatemala und El Salvador über die aktuellen Herausforderungen in der Migration ausgetauscht und nach Antworten auf die drängendsten Fragen gesucht.

Eine der Antworten war der gemeinsame Aufruf der Bischöfe an die Regierungen der Region und der Vereinigten Staaten, die Angst, die Migration hervorrufe, zu überwinden. Migration solle nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrgenommen werden. Die Menschen, die ihre Heimat verließen und sich auf den Weg machten, täten dies, weil sie vor Gewalt, Verfolgung und Armut flüchteten. Auf ihrer Flucht träfen diese Menschen dann häufig auf ein Klima von Hartherzigkeit, und seien Angriffen ausgesetzt.

Für Migranten und Flüchtlinge in Lateinamerika. 

Zugleich bekräftigten die Bischöfe bei ihrem Treffen ihre Forderung nach dem Schutz der Menschenrechte von Migranten, Mitarbeitern der kirchlichen Flüchtlingsunterkünfte und Menschenrechtsverteidigern. Der gastgebende Bischof Jaime Calderon Calderon stellte klar: Die Kirche wolle die Stimme derjenigen sein, die versuchten mexikanischen Boden zu betreten, um in die USA zu gelangen, und die an der Südgrenze Mexikos verhaftet worden seien.

"Als Hirten unseres Volkes sind wir Bischöfe nahe an den Brüdern und Schwestern, die leiden, und wir konstatieren das Leiden, die Risiken, die Gefahren, denen die Migranten ausgesetzt sind", erklärten die Bischöfe. Besonders die Trennung der Kinder von ihren Familien nach einer Verhaftung sei eine menschliche Tragödie. Die Risiken, denen die Migranten ausgesetzt seien, die versuchten Mexiko zu durchqueren, seien besorgniserregend. Die massive Abschiebung von Migranten aus den USA und mittelamerikanischen Ländern schaffe in den Heimatländern neue Probleme.

Drei Tage lang diskutierten die Bischöfe bei ihrer insgesamt sechsten Regionalkonferenz über weitere Hilfsmaßnahmen für Migranten aus der Region. Die Gespräche dienten dazu, bessere Antworten auf die dringenden Notwendigkeiten zu finden, erklärte Bischof Calderon. Zuletzt hatte die Kirche immer wieder die "menschliche Mauer" kritisiert, die Mexiko errichtet habe.
 

Die von Adveniat unterstützte „Casa del Migrante“ in der Diözese Saltillo bietet den Migranten in Mexiko eine sichere Unterkunft, Nahrung und Kleidung sowie psychologische, medizinische, juristische Hilfen und spirituelle Begleitung.

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Dabei handelt es sich um Tausende Soldaten, die der linksgerichtete Präsident Andres Manuel Lopez Obrador sowohl an der Süd- als auch an die Nordgrenze des Landes stationieren ließ. Sie sollen die Migration stoppen und besser kontrollieren. Lopez Obrador rechtfertigte seinen bei Menschenrechtsorganisationen und Kirche umstrittenen Schritt damit, er wolle eine unkontrollierte und damit für die Flüchtlinge selbst gefährliche Migration unterbinden. Mexiko sagte jüngst den USA unter anderem mit Hilfe der neu geschaffenen Nationalgarde zu, den stark gestiegenen Zustrom von Menschen über Mittelamerika und Mexiko in die USA einzudämmen. Im Gegenzug verzichtete die USA auf die angekündigten Strafzölle gegen ihren südlichen Nachbarn. US-Präsident Donald Trump lobte jüngst die Anstrengungen Mexikos zur Reduzierung der Migration aus Mittelamerika. Beide Präsidenten betonten daraufhin die gute Zusammenarbeit.

Kardinal Carlos Aguiar Retes, Erzbischof von Mexiko-Stadt, hatte vor einigen Wochen zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit den Ursachen der Migration aufgerufen. Der größte Teil der Migranten verlasse die Heimat wegen Armut, Unsicherheit, sozialen Konflikten oder sogar Krieg. Wer diese Gründe ignoriert, entferne sich von der Realität, schrieb der Kardinal in einem Beitrag des Bistumsmagazins "Desde la Fe".

Die Kirche in Mexiko ist einer der wichtigsten Helfer für die Migranten auf ihrer Route Richtung USA. Entlang der Strecke befinden sich zahlreiche Flüchtlingsunterkünfte, in denen die Menschen ausruhen und Kraft schöpfen können. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHRC sind allein in den zurückliegenden fünf Jahren rund 353.000 Menschen aus dem Länderdreieck El Salvador, Honduras und Guatemala in Richtung USA geflohen. Die Flüchtlinge leiden auf ihrem Weg oft unter Dehydrierung, und sie sind Angriffen von Menschenhändlern ausgesetzt. 

Text: KNA, Tobias Käufer