Bischof der Arbeiter
berichtet über Brasilien

Auf Einladung von Adveniat reist der brasilianische Bischof José Reginaldo Andrietta (60) in den nächsten zwei Wochen durch das Oldenburger Land und Hamburg, um in Schulen, Kirchengemeinden und vor kirchlichen Verbänden von seinem Heimatland zu erzählen. Dass er das sehr engagiert macht, zeigte er jüngst bei einem Vortrag vor der Dienstgemeinschaft des Bischöflich Münsterschen Offizialats in Vechta.

Bischof José Reginaldo Andrietta berichtet in Vechta von der Situation Jugendlicher auf dem Arbeitmarkt in Brasilien. Foto: Johannes Hörnemann

Seit seiner Jugend engagiert sich der Bischof des Bistum Jales für gerechte Chancen von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt. Angesichts der momentanen Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und vielen Millionen prekär Beschäftigten in Brasilien ist das nötiger denn je. Vor Ort oder online begleitet der in bescheidenen Verhältnissen Aufgewachsene die landesweit aufgestellten Arbeiterorganisationen.

Aufgrund der in den letzten Jahrzehnten eingesetzten Wanderungsbewegung leben inzwischen 86 Prozent der brasilianischen Bevölkerung in Städten. Große Slums und Armut sind die Folge. Sein religiöses Leben führte Bischof Andrietta daher früh in ein Favela-Projekt, wo Fabrikarbeiter unter prekären Bedingungen leben. „Dort verstand ich, dass die Lebensbedingungen das Ergebnis der Arbeitsverhältnisse waren“, sagte er. Die niedrigen Löhne erlaubten den Familien nicht, in Würde zu leben. Fortan engagierte er sich in der Ausbildung von Arbeitnehmern, die über kirchliche Basisgemeinden und Gewerkschaften aktiv in die gesellschaftlichen Gestaltungsprozesse eingreifen.

Foto: Kopp/Adveniat
Foto: Kopp/Adveniat
Foto: Kopp/Adveniat

Seine Leidenschaft gilt der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ), für die er in Süd-, Mittel- und Nordamerika, Afrika sowie Europa arbeitete. Im Juli 2016 wurde er für drei Jahre zum Arbeiter-Bischof der brasilianischen Kirche ernannt, jetzt stehen Jugendliche noch mehr in seinem Fokus. Daher schmerzt es ihn, dass die brasilianische Regierung 2016 die Bildungsausgaben für die nächsten zwanzig Jahre eingefroren hat und erst vor wenigen Wochen ein neues Arbeitsgesetz erlassen hat, das die Ausbeutung der Arbeiter erleichtert und ihre Rechtlosigkeit fördert. Das neue Gesetz sei „ein Rückfall in die Barbarei“, der mit unglaublicher Geschwindigkeit voranschreite.

Adveniat-Weihnachtsaktion Faire Arbeit. Würde. Helfen.

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„Die Kirche setzt sich in Brasilien dafür ein, soziale Missstände zu bekämpfen. Wir müssen eine eigenständige Zivilgesellschaft fördern“, erklärt er. Die Regierung würde nur im Interesse der Unternehmen und ausländischer Konzerne handeln, die das Land ausbeuten. „Ich verstehe Papst Franziskus gut, denn ich komme aus der gleichen Realität wie er.“ Von der Kirche und den Menschen in Europa erwarte er Solidarität und Hilfe bei Problemen. Auf seiner Reise durch Deutschland möchte er daher ein Bewusstsein für die Probleme des riesigen südamerikanischen Landes erzeugen.

“Wenn wir teilen, geraten wir ja nicht in Not. Aber wir können helfen, Not zu lindern“, hatte Weihbischof Theising vorab beim Gottesdienst in der Propsteikirche gesagt. Der Heilige Nikolaus sei bereit gewesen zu teilen. „Daher dürfen wir heute mit offenem Herzen und offenen Händen durch den Tag gehen. Die einen haben die Hände auf, weil sie geben, die anderen, weil sie nehmen.“

Text: Ludger Heuer