Brasilien: Gericht kippt umstrittene Sklaverei-Verordnung

Das Oberste Gericht in Brasilien hat eine umstrittene Verordnung außer Kraft gesetzt, die die bislang geltende Definition von Sklaverei gelockert hatte. Die neue, abschwächende Definition von Sklaverei verstoße gegen die Verfassung, zitieren örtliche Medien die zuständige Richterin. Die in der vergangenen Woche von der Regierung erlassene Verordnung hatte zu massiven Protesten im In- und Ausland geführt. Adveniat setzt sich im Zuge der Weihnachtsaktion 2017 für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne in Lateinamerika und der Karibik ein.

Sitzung der Kommission für Landpastoral (CPT) in Araguaína, Brasilien mit Bruder Xavier Plassat (2.v.r.), dem Koordinator der Nationalen Kampagne gegen Sklavenarbeit der CPT. Foto: Adveniat/Kopp

Die Verordnung hatte den Tatbestand der Sklaverei auf Fälle beschränkt, in denen Arbeiter gewaltsam zur Arbeit gezwungen beziehungsweise ihrer Freiheit beraubt werden. Das 1995 erlassene Gesetz erkannte hingegen neben der Freiheitsberaubung auch die Lohnsklaverei sowie exzessive Arbeitszeiten und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen als Sklaverei an.

Die modernen Formen der Sklaverei

Die neue Definition verstoße gegen das international anerkannte Verständnis von "modernen Formen der Sklaverei", so die Oberste Richterin Rosa Weber. So verlaufe die Sklaverei heutzutage "subtiler", wobei statt "physischer Gewalt verstärkt wirtschaftliche Zwänge" eingesetzt würden. Brasilien habe sich in internationalen Abkommen diesem modernen Verständnis verpflichtet. Dies sei bindend, so Weber.

Nichtregierungsorganisationen in Brasilien und im Ausland hatten sich zuvor gegen die Neuregelung ausgesprochen. Sie mache den Kampf gegen Sklaverei praktisch unmöglich, kritisierten sie. Die Generalstaatsanwältin Raquel Dodge forderte die Rücknahme der Verordnung. Sklaverei sei nicht bloß der Freiheitsentzug, sondern auch der Entzug der menschlichen Würde, so Dodge.

Präsident Michel Temer hatte Ende vergangener Woche angekündigt, die Verordnung überarbeiten zu wollen. Dazu wolle man sich von Dodge beraten lassen. Temers Kritiker werfen ihm vor, die Verordnung auf Drängen des Agrarsektors erlassen zu haben. Der Präsident braucht die Stimmen dieser Fraktion im Parlament, um eine anstehende Abstimmung zur Aufhebung seiner Immunität zu gewinnen. Gegen Temer wird wegen Korruption ermittelt.

Quelle: KNA

Adveniat-Weihnachtsaktion "Faire Arbeit. Würde. Helfen."

Adveniat setzt sich für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne in Lateinamerika und der Karibik ein. Dabei arbeitet Adveniat eng mit der katholischen Landpastoral in Brasilien zusammen. Projektpartner ist der französische Dominikaner Xavier Jean Marie Plassat, der gegen die Sklaverei im nordbrasilianischen Tocantins kämpft.

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