Corona-Krise in Ecuador: "Arme Familien haben nichts mehr zu essen"

Verglichen mit anderen lateinamerikanischen Ländern hat die Corona-Krise Ecuador besonders hart getroffen. Bilder von Toten auf den Straßen von Guayaquil gingen um die Welt. Adveniat hilft armen Familien mit Lebensmittel- und Hygienepaketen.
 


„Die Situation in Ecuador ist dramatisch, die armen Familien leiden Hunger“, erklärt Adveniat-Ecudaor-Experte Franz Hellinge den Ernst der Lage. Die Adveniat-Hilfe konzentriere sich daher derzeit in erster Linie auf die Bereitstellung von Lebensmittel- und Hygiene-Paketen für die ärmsten Familien. Für diejenigen, die im informellen Sektor arbeiten und derzeit aufgrund der Ausgangssperre keinerlei Verdienstmöglichkeiten haben. Denn die extrem strenge Beschränkung erlaube es den Menschen derzeit ausschließlich vormittags für wenige Stunden und nur für dringlichste Angelegenheiten das Haus zu verlassen, erklärt Hellinge. Der Verkauf selbsthergestellter oder -gekochter Waren, der sonst ihr täglich Brot sichert, ist damit für die armen Familien unmöglich.

Besonders schlimm hat es die Stadt Guayaquil im Westen Ecuadors getroffen. Dort wiederum ist der Stadtteil Monte Sinaí einer der ärmsten, weiß Adveniat-Referent Hellinge. Hier lebten rund 140.000 Menschen in prekären Verhältnissen ohne Strom, Kanalisation, fließendes Wasser, erklärt Hellinge, der selbst vor einigen Jahren vor Ort war. Die Menschen leiden durch die Armut ohnehin an Mangelernährung und sind in schlechter körperlicher Verfassung.
 

für die Menschen in Lateinamerika in der Corona-Krise

Adveniat-Projektpartner beim Verteilen der Lebensmittelpakete in Puyo, Ecuador. Foto: Projektpartner

So hilft Adveniat

Der langjährige Adveniat-Projektpartner „Hogar de Cristo“ ist mit seiner Sozialhilfeeinrichtung genau in diesem Brennpunkt aktiv. Das Sozialwerk der Jesuiten habe glücklicherweise das Knowhow, die Kontakte und die Infrastruktur schnelle unkomplizierte Hilfe zu leisten, so Hellinge. Mit der Unterstützung von Adveniat können akut in den nächsten Wochen ca. 6.000 der ärmsten Familien mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln versorgt werden.

Das Gesundheitssystem des Landes ist überfordert. Berichte über Krankenhauspersonal, das sich wegen fehlender Schutzausrüstung weigert, an die Arbeit zu gehen, mehrten sich zuletzt. In den vergangenen 20 Jahren haben zwar viele Präsidenten der Gesundheitspolitik ihre Unterstützung zugesagt; doch strukturell verändert hat keine Regierung die Zustände. Das rächt sich nun.
 

2,5-Millionen-Euro-Fonds für die Corona-Krise in Lateinamerika

Adveniat hat 2,5 Millionen Eurof für Projekte im Kontext der Corona-Krise in Lateinamerika und die Versorgung der armen Bevölkerung, die unter den Folgen dramatisch leidet, mit Lebensmitteln bereitgestellt.  „Das Virus breitet sich inzwischen auch von Mexiko bis Feuerland rasant aus“, berichtet Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz. Mehr zur Hilfe von Adveniat


Medien zweifeln offizielle Infektionszahlen an

Ecuadorianische Medien zweifeln die offiziellen Zahlen zu Infizierten und Toten an und gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus. Auch der Adveniat-Referent zweifelt die offiziellen Statistiken der Regierung stark an. In dem Armenviertel Monte Sinaí beispielsweise würden überhaupt keine Corona-Tests gemacht. „ Die Zahlen spiegeln nicht ansatzweise die Wirklichkeit wieder “, so Hellinge.

Laut einem Bericht des Portals El Universo starben in der ecuadorianischen Provinz Guayas in der Zeit seit Jahresbeginn bis 15. März insgesamt 14.561 Menschen. Damit liegt die Sterberate weit über den durchschnittlich 2.000 Toten pro Monat für die Region, berichtete das Blatt unter Berufung auf lokale Behörden. Dass der deutliche Anstieg mit dem Ausbruch des Coronavirus zu tun hat, scheint naheliegend. Aber auch in Ecuador schlagen sich die Mediziner und Wissenschaftler mit Wissenslücken und Interpretationen herum. Tatsache ist: In der Provinz Guayas gibt es 7.000 Tote mehr als statistisch sonst üblich.

Der Ecuadorianische Präsident Moreno steht auch deswegen in der Kritik. Zuletzt zweifelte der nationale Indigenen-Verband die offiziellen Zahlen an. "Wir werden die Hände nicht in den Schoß legen. Die Notlage ist weit davon entfernt, überwunden zu sein", sagte Moreno und appellierte an seine Landsleute, in der Krise solidarisch und human miteinander umzugehen. Gleichzeitig rief er eine zweiwöchige Staatstrauer für die Opfer aus. Die noch nicht beerdigten Toten sollten eine würdige Bestattung erhalten. Zugleich kündigte die Regierung Hilfsmaßnahmen auf Basis eines neuen Notstandsgesetzes an.

(Landau/KNA)