„Leidtragende von Brumadinho sollen vertrieben werden“
Adveniat kritisiert Einschüchterung durch brasilianische Militärpolizei

Mit 40 Fahrzeugen ist die Militärpolizei am Dienstag, 17. Dezember, schwer bewaffnet in eine Siedlung der Landlosenbewegung in der Nachbargemeinde der brasilianischen Stadt Brumadinho eingefallen. Den knapp 1.500 Menschen, die dort seit zwei Jahren leben, stehen Entschädigungen des Bergbaukonzerns Vale zu.

Die Militärpolizei in der Siedlung der Landlosenbewegung in der Nachbargemeinde der brasilianischen Stadt Brumadinho. Fotos: Projektpartner Adveniat

Der Dammbruch eines Rückhaltebeckens in Brumadinho, unter dessen Schlammlawine geschätzt 300 Menschen begraben wurden, hatte ihren Fluss vergiftet. Sie mussten ihre landwirtschaftliche Produktion komplett einstellen. Der TÜV Süd ist in Deutschland angezeigt worden, weil er vier Monate zuvor die Sicherheit des Damms bestätigt habe.

Für den Brasilien-Referenten des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat Norbert Bolte handelt es sich um eine gezielte Strategie der Regierung des Bundesstaates Minas Gerais und der Militärpolizei, die wegen ihrer Gewalttätigkeit und wegen willkürlicher Verhaftungen gefürchtet ist: „Die Leidtragenden des Verbrechens von Brumadinho sollen eingeschüchtert und vertrieben werden. Deshalb verbreitet die Militärpolizei gezielt Angst und Schrecken.“

Adveniat-Partner Weihbischof Dom Vincente de Paula Ferreira von Belo Horizonte feiert einen Tag nach dem Einfall der Militärpolizei vor Ort mit den Menschen einen Gottesdienst.

Adveniat-Partner Weihbischof Dom Vincente de Paula Ferreira von Belo Horizonte hat in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag vor Ort mit den Menschen einen Gottesdienst gefeiert. „Wir stehen an der Seite der Familien gemeinsam mit den Kräften des Landes, die sich für die Demokratie und das Leben einsetzen“, so Weihbischof Dom Vincente in seiner Erklärung. Von den Ordnungskräften forderte er, sich für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen und Gesetzesverstöße zu ahnden, anstatt die Menschen einzuschüchtern.

 

Arme Bevölkerung und zivilgesellschaftliche Gruppen werden gezielt kriminalisiert

Die Aktion der Militärpolizei fand Meldungen zufolge ohne richterlichen Beschluss statt. Außerdem soll es in einem Monat einen Ortstermin des Gerichts von Belo Horizonte, der Hauptstadt des Bundesstaates Minas Gerais, geben. Zeitpunkt und Art des Einsatzes zeigen Norbert Bolte zufolge: Menschen, die sich für ihre Rechte einsetzen und bei der Justiz ein offenes Ohr finden, sind der aktuellen Regierung und den wirtschaftlich Mächtigen ein Dorn im Auge. Für den Adveniat-Referenten eine weitere Aktion, um die arme Bevölkerung und zivilgesellschaftliche Gruppen gezielt zu kriminalisieren. „Die Sicherheitskräfte fühlen sich unangreifbar und gehen gnadenlos gegen die Armen vor. Schließlich hat ihnen Präsident Jair Bolsonaro zugesagt, Vergehen im Dienst nicht gerichtlich verfolgen zu wollen.

300 Menschen sind nach dem Staudammbruch unter der Schlammlawine begraben worden. Bis heute leiden die Menschen unter den Folgen. Foto: Adveniat/Florian Kopp

In Brasilien herrscht eine Politik der reichen Eliten für die Reichen“, kritisiert Adveniat-Experte Bolte. „Adveniat und die Kirche vor Ort stehen dagegen mit Papst Franziskus für eine arme Kirche an der Seite der Armen.“ Weihbischof und Adveniat-Partner Dom Vincente hat seinen Arbeits- und Wohnsitz nach Brumadinho verlegt, um seine Solidarität mit den Menschen zu demonstrieren, die unter der gnadenlosen Ausbeutung von Rohstoffen in der Region leiden.