„Erdölförderung ist keine Lösung“

Adveniat-Partner Bischof Cob García ruft angesichts der bevorstehenden Wahlen in Ecuador zum Schutz des Regenwaldes auf.

Einbaum auf dem Rio Bobonaza beim Dorf Sarayaku, wo sich die Menschen seit Jahrzehnten gegen das Vorrücken ausländischer Erdölfirmen wehren. Das Land gehört ihnen, doch die Erdölvorkommen darunter beansprucht der ecuadorianische Staat für sich. Foto: Achim Pohl/Adveniat

„Ecuadors einzigartiger Reichtum ist die Biodiversität und nicht das Erdöl“, sagt Bischof Rafael Cob García im Interview mit dem Adveniat-Nachrichtenportal "Blickpunkt Lateinamerika"​​​​​​​ gut eine Woche vor den mit Spannung erwarteten Wahlen in Ecuador (7. Februar). Es bestehe die Gefahr, dass die Politik der Verlockung verfalle, in der Ausbeutung von Rohstoffen in einer der ökologisch sensibelsten Regionen der Welt die Lösung der Probleme zu sehen. „Ich glaube, dass, wer auch immer die künftige Regierung Ecuadors stellen wird, den Blick nicht nur auf die Erdöl- und Rohstoffvorkommen lenken darf, denn das wäre eine zerstörerische Politik. Die Biodiversität ist der größte Reichtum, den Ecuador zu bieten hat. Abholzung und Holzhandel, die Vergiftung durch den Bergbau oder die Erdölförderung werden uns nur den Ruin bringen“, warnt Bischof Cob García aus dem Apostolischen Amazonas-Vikariat Puyo. Weil die Biodiversität des Landes in Gefahr sei, setze sich die Kirche in Ecuador gemeinsam mit dem vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützten kirchlichen Amazonas-Netzwerk Repam für den Erhalt der weltweit einzigartigen Natur in Ecuador ein.

Fokus auf Erdöl bringt das Land nicht voran

Bereits in der Vergangenheit habe die Fokussierung der Politik auf die Erdölförderung das Land nicht vorangebracht. Eine neue Regierung sei zunächst einmal damit konfrontiert, die Auslandschulden neu zu ordnen und zu strukturieren. „Es besteht die Gefahr, dass jeder neuen Regierung wegen der hohen Auslandsverschuldung die Hände gebunden sind“, so Cob García. Umso verlockender könne das vermeintlich schnelle Geld des Erdöls sein. Wichtig sei eine Neuprogrammierung der Wirtschaft.

Die Corona-Pandemie trifft das Land hart

Ecuador gehört zu den Ländern, die in Lateinamerika besonders hart von der Corona-Pandemie getroffen wurden. Mit knapp 15.000 Toten und über 240.000 Infektionen wurde das gerade mal 17 Millionen Einwohner zählende südamerikanische Land hart getroffen. „Jüngst sind die Zahlen wie in Europa wieder nach oben gegangen“, berichtet Bischof Cob García. Leider habe das schlechte Management des Gesundheitswesens die Lage noch weiter verschärft. Aus der Politik kommen Rücktrittsforderungen in Richtung Gesundheitsminister. Bezahlen müssten dafür die Armen: „Es gibt viele Menschen, die in Armut leben, die Hunger haben“, sagt der Adveniat-Projektpartner. Diesen Menschen müsse geholfen werden.

Rafael Cob García, Bischof des Apostolischen Vikariates Puyo. Foto: Achim Pohl/Adveniat

Ähnlich wie in anderen Ländern erlebe auch Ecuador einen Zustand der Polarisierung. Um diesen zu überwinden, sei nach den Wahlen „die Einheit und die Bereitschaft zum Dialog der gesellschaftlichen Kräfte notwendig“, fordert Bischof Cob García von der ecuadorianischen Politik.

Rafael Cob García kam 1990 von Spanien als Missionar nach Ecuador, seit 1999 ist er Bischof des Apostolischen Vikariates Puyo. Mit rund 30.000 Quadratkilometern ist es so groß wie Belgien, die Besiedlung ist dünn und viele Gemeinden sind noch nicht einmal an das Straßennetz angebunden. Das macht die pastorale Arbeit im Amazonas-Tiefland zur Herausforderung. Zunehmend beobachtet der Bischof dort die Zerstörung von Lebensräumen. Schuld sei die maßlose Ausbeutung von Rohstoffen, sagt er: „Die indigenen Völker sind in ihrer kulturellen Vielfalt bedroht. Die Flüsse und Wälder sind ihre Lebensgrundlage, sie haben keinen anderen Ort, wo sie hingehen können!“ Deshalb unterstützt Bischof Cob García auch das Dorf Sarayaku, dem das Unvorstellbare gelang: Es klagte gegen die Erdölförderung und gewann den gerichtlichen Entscheid.

Das Beispiel des rebellischen Dorfes soll im Amazonasgebiet Schule machen. Deshalb bildet Repam mit finanzieller Unterstützung von Adveniat Angehörige indigener Völker und kirchliche Mitarbeiter aus, gegen Menschenrechtsverletzung vorzugehen und die Rechte der Indigenen einzuklagen. Zahlreiche Bildungs- und Ausbildungsprojekte von Repam in den Amazonas-Staaten unterstützen indigene Völker dabei, sich innerhalb der westlich geprägten Mehrheitskultur zurechtzufinden und gleichzeitig die eigene Identität und Kultur selbstbewusst zu leben.