El Salvador: Fall ermordeter Jesuiten wieder aufgenommen - "Voraussetzung für Vergebung und Versöhnung"

Die Justiz in El Salvador wird den Fall der vor 32 Jahren ermordeten sechs Jesuiten wieder aufnehmen. Wie die Tageszeitung „La Prensa Grafica“ berichtet, hat das Oberste Gericht des mittelamerikanischen Landes eine entsprechende Resolution veröffentlicht. Damit wird wiederum eine gerichtliche Entscheidung vom September 2020 hinfällig, die den Fall abschließen wollte. Für Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier eine elementare Voraussetzung für Versöhnung und Vergebung.
 

Das Wandgemälde zeigt die 1989 ermordeten Jesuiten sowie deren ebenfalls erdmordete Haushälterin und ihre Tochter. Es hängt in der Kapelle der Zentralamerikanischen Universität in San Salvador. Foto: Adveniat


Die Entscheidung aus dem Jahr 2020 verletze fundamentale Rechte der Opfer, deren Familien und der Gesellschaft, heißt es in der Begründung für die Wiederaufnahme des Falles. „El Salvador befindet sich auch 30 Jahre nach Beendigung des Bürgerkriegs immer noch in einer Situation sozialer und ideologischer Polarisierung“, weiß Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier, der selbst mehrere Jahre während dieser Zeit in El Salvador lebte und tätig war. „Die Wiederaufnahme des Verfahrens im Fall der Ermordung der sechs Jesuiten und der beiden Frauen ist deswegen so wichtig, weil die gesamte damalige militärische und politische Führung in das Verbrechen involviert war. Viele von ihnen leben bis heute auf freiem Fuß.“

El Salvadors Präsident Nayib Bukele erklärte, die Entscheidung eröffne die Möglichkeit, Gerechtigkeit walten zu lassen. Straflosigkeit werde nicht toleriert. Auf Twitter veröffentlichte Bukele die Entscheidung des Gerichts und kommentierte: „Glückliches neues Jahr.“ Damit wird in der juristischen Aufarbeitung des weltweit mit Entsetzen verfolgten Massakers ein neues Kapitel hinzugefügt.
 

Für den Einsatz für Frieden und Menschenrechte in Lateinamerika.

Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier SJ. Foto: Adveniat


Ausgeführt worden seien die Morde von Soldaten des speziell in den USA ausgebildeten Elitebataillons Atlacatl, erklärt Pater Martin Maier. „Voraussetzung für Versöhnung und Vergebung ist, dass die Wahrheit über die schlimmsten Verbrechen aus der Zeit des Bürgerkriegs ans Licht kommt. Dazu gehört auch das Massaker in dem Dorf El Mozote im Dezember 1981, bei dem über 900 Zivilisten von Soldaten desselben Elitebataillons der Armee ermordet wurden.“

Der Vatikan hatte erst im November an die Ermordung der sechs Ordensmänner in San Salvador erinnert. Der Jahrestag sei eine Gelegenheit, um Bilanz zu ziehen, schrieb Kurienkardinal Michael Czerny, der ebenfalls dem Jesuitenorden angehört. Leider hätten sich die Lebensbedingungen vor allem der Armen in El Salvador zuletzt „ernsthaft“ verschlechtert. Als Beleg führte der Kardinal die Pandemie, Lebensmittelknappheit, Umweltzerstörung und eine „Schwächung der politischen Institutionen“ an.

133 Jahr Haft für Ex-Militär Montano

Am 16. November 1989 hatte eine Todesschwadron der salvadorianischen Streitkräfte im Morgengrauen das Gelände der Zentralamerikanischen Universität in San Salvador gestürmt, die unter der Trägerschaft des Ordens steht. Die Soldaten erschossen fünf spanische sowie einen einheimischen Jesuiten. Auch die Haushälterin und deren damals 15 Jahre alte Tochter wurden getötet, um keine Zeugen zurückzulassen. Die Geistlichen, vor allem Wortführer und Universitätsrektor Pater Ignacio Ellacuria, hatten die Menschenrechtsverletzungen des Militärregimes kritisiert.

Im Februar hatte das Oberste Gericht in Spanien die Haftstrafe von 133 Jahren gegen den tatbeteiligten Ex-Militär Inocente Montano bestätigt. Der ehemalige Oberst und Vizeminister für öffentliche Sicherheit soll für die Bluttat mitverantwortlich gewesen sein. (kna/ml)