Welttag der Indigenen
Die indigenen Völker sind die Verbündeten einer Klima-Außenpolitik

„Die indigenen Völker sind die entscheidenden Verbündeten einer Klima-Außenpolitik, wie sie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock angekündigt hat.“ Davon ist der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Pater Martin Maier, überzeugt.
 

Adveniat-Projektpartner Dom Roque Paloschi (Mitte) zu Besuch bei Tenharin-Indigenen in der Gemeinde Mufai im brasilianischen Amazonasgebiet. Der Erzbischof von Porto Velho ist Präsident der Fachstelle der katholischen Kirche für Indigenenfragen "Cimi", die die Indigenen im Kampf für ihre Rechte unterstützt. Foto: Jürgen Escher/Adveniat


Mit Blick auf den Welttag der indigenen Völker am 9. August fordert Maier: „Um den Kollaps des Regenwaldes am Amazonas zu verhindern, müssen Bundesregierung, EU und internationale Gemeinschaft sich die Forderung der indigenen Völker nach einer konsequenten Ausweitung ihrer Territorien zu eigen machen und die Länder Lateinamerikas und des globalen Südens dabei systematisch finanziell unterstützen.“

Der Adveniat-Hauptgeschäftsführer verweist auf eine Studie – erstellt unter anderem von Wissenschaftlern der Universitäten Miami und Rio de Janeiro –, wonach der irreversible Kipppunkt, bei dem sich der Regenwald in eine Savanne verwandelt, nur verhindert werden könne, wenn 80 Prozent der Fläche unter Schutz gestellt würden. Von den 4,3 Millionen Quadratkilometern des brasilianischen Amazonasregenwaldes müssten 3,5 Millionen als Schutzgebiet ausgewiesen werden - 1,3 Millionen Quadratkilometer mehr als bisher. Hinzu kommt, dass die fehlenden staatlichen Kontrollen sogar auf den bestehenden indigenen Territorien zu illegalen Abholzungen und Bergbau führen. „Die wissenschaftlichen Fakten und Folgerungen liegen seit Jahrzenten auf dem Tisch. Jetzt ist es höchste Zeit, die Schutzgebiete für die Indigenen auszuweisen und die Anerkennung ihrer Territorien politisch durchzusetzen“, so Maier.
 

Für die Unterstützung von Migranten in Lateinamerika.


Wie sehr der politische Wille dazu fehlt, zeigt jedoch der seit Jahren geführte Rechtsstreit um die verbindliche Festlegung der indigenen Territorien in Brasilien. Der Verfassung von 1988 zufolge hätte die Demarkierung bereits fünf Jahre später, also 1993, abgeschlossen sein müssen. Doch bis heute sind mehr als zwei Drittel der indigenen Gebiete noch nicht gekennzeichnet. Stattdessen wird bis zum obersten Gericht erbittert gestritten, ob die häufig zuvor vertriebenen indigenen Völker zum Stichtag auf ihrem ursprünglichen Territorium gelebt haben müssen, damit die Anerkennung stattfinden kann. Zuletzt wurde die für Ende Juni angekündigte Entscheidung des obersten Gerichtshofs wieder verschoben. „Für die indigenen Völker ist dieser Prozess nicht nur eine nervenaufreibende Tortur. Der Schwebezustand erleichtert es der Agrar- und Rohstoffindustrie, in die indigenen Gebiete vorzudringen. Die Folge: systematische Vertreibung und Ermordung Indigener“, klagt Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Maier.

Pater Martin Maier ist Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Foto: Achim Pohl/Adveniat

Adveniat unterstützt seit Jahrzehnten Fachstelle der katholischen Kirche für Indigenenfragen in Brasilien "Cimi"

Deshalb unterstützt das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat seit Jahrzehnten die Fachstelle der katholischen Kirche für Indigenenfragen in Brasilien „Cimi“. Die vor 50 Jahren gegründete Institution setzt sich auf regionaler und nationaler Ebene für die Rechte der indigenen Völker ein. Finanziell von Adveniat unterstützt, dokumentiert der jährlich erscheinende Gewalt-Bericht die Menschenrechtsverletzungen an den ursprünglichen Völkern Brasiliens. Mit regelmäßigen Protest-Camps in der Hauptstadt Brasília streiten die Indigenen gegenüber den Regierungsinstitutionen für ihre Rechte.

„Wir dürfen die Indigenen bei ihrem Kampf um das Amazonasgebiet nicht allein lassen“, betont Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Maier. Von wissenschaftlicher Seite werden für die Ausweitung der Schutzgebiete Anfangsinvestitionen von bis zu 1,6 Milliarden Dollar geschätzt. Jährlich kämen dann weiter 1,7 bis 2,8 Milliarden Dollar für den Erhalt dazu. „Am Amazonas entscheidet sich die Zukunft des Planeten. Deshalb müssen sich Deutschland und die EU auch finanziell an der Rettung des Regenwaldes beteiligen“, fordert Maier. Die anstehenden Präsidentschaftswahlen im Oktober seien ein guter Zeitpunkt, um ein neues Kapitel in der Zusammenarbeit zum Schutz der indigenen Völker und des Klimas aufzuschlagen. „Selbst, wenn es zu einem Präsidentenwechsel kommt, wird dieser allein kein Ende der Verbrechen an der Natur und den indigenen Völkern am Amazonas bringen“, warnt Maier. Denn bislang hätten alle Regierungen im Bündnis mit den Interessen der multinationalen Unternehmen das Amazonasgebiet ausgebeutet. Für den Adveniat-Hauptgeschäftsführer steht fest: „Es braucht eine Klima-Außenpolitik auf Augenhöhe mit den lateinamerikanischen Regierungen, die sich konsequent an den Interessen der indigenen Völker und dem Schutz des Klimas ausrichtet.“