Adveniat und Misereor prangern globale Ungleichheit an

Mit Blick auf den von Papst Franziskus ausgerufenen „Welttag der Armen“ am 19. November fordern die kirchlichen Hilfswerke Adveniat und Misereor Politik und Gesellschaft dazu auf, die weltweite Ungleichheit entschlossener zu bekämpfen.

Familie in der Favela Complexo 18 im Norden von Rio de Janeiro, Brasilien. Foto: Steffen/Adveniat

„Der globalisierten Wirtschaft, deren Ausbeutung in jeder Hinsicht keine Grenzen kennt, müssen wir als Kirche eine weltweite Solidarität entgegenstellen“, bekräftigt Pater Michael Heinz, Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat. Armut sei kein Schicksal und wäre vermeidbar, „wenn wir den unerhörten Schrei der Betroffenen wirklich hören würden“, unterstreicht Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor. Bei einem Aufenthalt in Paraguay habe er miterleben müssen, wie Ausgrenzung und Armut durch eine bestimmte Art des Wirtschaftens und die industrielle Erzeugung für den Export verursacht werden, berichtet der Chef des Werks für Entwicklungszusammenarbeit mit Sitz in Aachen.

Die Hauptgeschäftsführer der katholischen Hilfswerke Adveniat und Misereor fordern aus diesem Anlass, der globalisierten Wirtschaft eine weltweite Solidarität entgegenzustellen. Pater Michael Heinz und Pirmin Spiegel sind davon überzeugt, dass Armut kein Schicksal ist und vermeidbar wäre. Im Interview sprechen sie über die Notwendigkeit der Armutsbekämpfung aus christlicher Überzeugung heraus. 

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Mit dem Welttag der Armen will Papst Franziskus „die Gläubigen anspornen, damit sie der Wegwerfkultur und der Kultur des Überflusses eine wahre Kultur der Begegnung entgegenstellen“. Papst Franziskus holt uns aus der Komfortzone des Lebens auf den Boden des Alltags, ist der in Brasilien lebende Theologe Paulo Suess überzeugt.

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Am Menschen orientieren

„Wir leben in der Einen Welt extremer Ungleichheit“, stellt Pater Heinz fest. Deshalb rufe der Papst nach einer anderen Wirtschaft, „die sich nicht am Gewinn, sondern am Menschen orientiert“. Der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks aus Essen ermuntert die Bevölkerung dazu, „den Armen zuzuhören, Begegnungen über Grenzen hinweg zu ermöglichen und gemeinsam eine echte Kultur des Teilens zu leben“. Deshalb sei es für Adveniat von zentraler Bedeutung, dass seine Partnerorganisationen ihre Initiativen eigenverantwortlich entwickeln. „Denn sie wissen am besten, wie Menschen befähigt werden, ihre Zukunft, ihr Leben in Würde zu gestalten. Nach Ansicht von Spiegel sind die sogenannten „Armen“ Träger einer anderen notwendigen Welt. „Armgemachte Menschen entwickeln Werte, ein Bewusstsein dafür, was es braucht, um einfach zu leben. Sie wissen, worauf es ankommt – Zusammenhalt, Auskommen mit Wenigem, Improvisieren. Sie könnten mit dieser Lebenshaltung einen wichtigen Beitrag zu einer größeren Gerechtigkeit auf der Erde leisten.“

Mehr als die Hälfte verdient monatlich weniger als 604 Euro

Der in Brasilien lebende Theologe und Adveniat-Projektpartner Paulo Suess prangert in einem Interview die extreme soziale Ungerechtigkeit in dem lateinamerikanischen Land an. „Weniger als vier Prozent der Bevölkerung verdienen monatlich mehr als 4.535 Euro, während mehr als die Hälfte weniger als 604 Euro zur Verfügung hat.“

Marthe Wandou von der Misereor-Partnerorganisation ALDEPA in Kamerun beklagt im Interview, Armut habe in Afrika vor allem ein weibliches Gesicht. „70 Prozent der Kameruner, die in der Landwirtschaft oder im informellen Sektor arbeiten, sind Frauen. Der Verdienst in diesen Beschäftigungsfeldern ist gering. Doch da viele Frauen keine Schulabschluss und keine Berufsausbildung haben, gibt es für sie meist keine anderen Arbeitsmöglichkeiten.“