Adveniat und Kardinal Hollerich zur Bedeutung der Synode für Europa

Mit der Amazonas-Synode fegt ein frischer Wind durch den Vatikan. Davon kann die Kirche in Europa lernen, meint Adveniat Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz und spricht sich für ein kirchliches europäisches Netzwerk aus.

Adveniat Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz und COMECE-Präsident Kardinal Jean-Claude Hollerich

Sie wollen den Netzwerkgedanken der Amazonien-Synode auch in Europa stärken: Pater Michael Heinz SVD, Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat (links), und Kardinal Jean-Claude Hollerich von Luxemburg, Präsident des Rates der Bischofskonferenzen in der Europäischen Union, COMECE. Foto: Stephan Neumann

Für ein kirchliches europäisches Netzwerk hat sich der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Pater Michael Heinz SVD am Rande der Amazonien-Synode in Rom ausgesprochen. „In einer Zeit, in der in Europa nationalistische Kräfte die Kirchen als Verbündete in einem vermeintlichen Kampf gegen den Untergang des christlichen Abendlandes missbrauchen, ist es höchste Zeit für ein kirchliches Bekenntnis zu Europa. Ein kirchliches europäisches Netzwerk wird den Unterschieden der Menschen und Regionen gerecht und kann gleichzeitig Perspektiven für eine gemeinsame zukunftsfähige Kirche in einer vielfältigen Gesellschaft aufzeigen“, erläuterte Adveniat-Chef Pater Heinz.

Kardinal Hollerich: "Die hierarchischen Strukturen greifen nicht mehr."

Die seit dem 6. Oktober in Rom tagende Amazonien-Synode ist maßgeblich vom kirchlichen Amazonas-Netzwerk Repam (Red Eclesial PanAmzonica) vorbereitet und geprägt, dem auch das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat angehört. „Es ist sehr erfrischend dieses Netzwerk zu erleben. Besonders auch die mutigen Frauen, die sich ganz offen zu Wort melden“, berichtete Kardinal Jean-Claude Hollerich von Luxemburg, Präsident des Rates der Bischofskonferenzen in der Europäischen Union, COMECE. „Die hierarchischen Strukturen der Kirche greifen nicht mehr“, erklärte Kardinal Hollerich und zeigte sich offen für neue Ideen. Die Amazonas-Synode sei ein Weckruf. Sie mache deutlich, dass die Lebensgewohnheiten des Einzelnen hier in Europa weltweit Folgen haben. „Wir erleben einen wilden Kapitalismus, der die Würde der Menschen mit Füßen tritt. Dazu gehört auch das maßlose Konsumverhalten des Einzelnen“, so Hollerich. Die Kirche müsse ein Zeichen setzen, dass es auch anders geht. Er fange bei sich an und ändere sein Leben: Keine Plastikflaschen mehr. Kein müllproduzierender Kaffeeautomat mehr, sondern nur noch Fair-Trade-Kaffee. Keine Limousine mehr, sondern ein kleineres, umweltverträgliches Auto. „Und wenn ich das als alter Bischof kann, dann werden doch erst recht die Jüngeren dazu fähig sein“, betonte Kardinal Hollerich.

Für gute Lebensbedingungen für die indigenen Völker im Amazonas.

Aus seinen positiven Erfahrung mit den Jugendlichen der Fridays-for-Future-Bewegung in Luxemburg schließt der COMECE-Präsident: „Die Kirche könnte ihre spirituelle Autorität einbringen und sich gleichzeitig erneuern.“ Notwendig sei ein lebendiger Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen. „Wir erlernen gerade eine neue Art, Kirche zu sein: synodal und nicht hierarchisch. Auf diesem gemeinsam Weg wird der Bischof nicht immer der schnellst sein. Mal muss ihm geholfen werden, mal hilft er“, so Kardinal Hollerich.

„Vom Amazonas her fegt ein Wind des Aufbruchs durch den Vatikan“, stellte auch Adveniat Hauptgeschäftsführer Pater Heinz fest. Auf der Synode sei ihm sehr bewusst geworden: Während in Lateinamerika die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in den vergangenen fünfzig Jahren auf den Bischofsversammlungen von Medellin (1968), Puebla (1979), Santo Domingo (1992) und Aparecida (2007) auf die Lebenswirklichkeit der Menschen des Kontinents übersetzt wurde, sei diese Chance in Europa verpasst worden. „Wir brauchen dem nicht nachzutrauern. Und wir müssen auch nicht noch einmal fünfzig Jahre zurück. Wir können auf die Erfahrungen des Amazonas-Netzwerks Repam zurückgreifen. Hier wird der in Europa viel zitierte theoretischen Begriff von der Einheit in Vielfalt ganz praktisch gelebt“, so der Adveniat-Chef. „Weltkirche sein funktioniert nicht als hierarchisch organisierte Institution mit einer alles bestimmenden Zentrale. Weltkirche lebt als ein Netzwerk von Menschen, Gruppen und Organisationen, die im Dialog voneinander lernen und sich mit ihrer kulturellen Vielfalt gegenseitig bereichern.“