Corona-Folge: Katholische Kirche zu Ostern in Kubas Staatsfernsehen

Ausgerechnet die Corona-Pandemie sorgt dafür, dass die kubanische Regierung der Katholischen Kirche landesweit Sendezeit im staatlichen Radio und Fernsehen einräumt. Seit Palmsonntag werden die Botschaften der Bischöfe in den jeweiligen Provinzsendern sowie im staatlichen Rundfunk ausgestrahlt.

Das Magazin "Palabra Nueva" des Erzbistums Havanna

Das Magazin "Palabra Nueva" ist in "normalen" Zeiten eine der wenigen Möglichkeiten, wie das Erzbistum Havanna die Kubaner unaghängig über religiöse, geselschaftliche und kulturelle Themen informieren kann. Die Corona-Krise hat nun dazu geführt, dass die Katholische Kirche Kubas auch Sendezeit im staatlichen Fernsehen und Radio erhält. Foto: Martin Steffen/Adveniat

Ausgerechnet die Corona-Epidemie sorgt dafür, dass eine langjährige Forderung der Katholischen Kirche auf Kuba umgesetzt wird. Überraschend räumte die kubanische Regierung der Katholischen Kirche landesweit Sendezeit im staatlichen Radio und Fernsehen für die Ausstrahlung der Osterfeierlichkeiten ein. Seit dem ersten Aprilwochenende werden die Botschaften der Bischöfe in den jeweiligen Provinzsendern sowie im staatlichen Rundfunk ausgestrahlt.

So konnten die kubanischen Katholiken am Palmsonntag (5. April) die Bibelverfilmung „Jesus von Nazareth“ von Franco Zefirelli im Abendprogramm des Bildungskanals sehen. Am Morgen war bereits die Heilige Messe aus dem Heiligtum der Barmherzigen Jungfrau von Cobre Kubas live im Fernsehen gezeigt worden. Auch am 12. April und „an den folgenden Sonntagen wird die Messe um neun Uhr im Fernsehen übertragen“, schrieb die Kubanische Bischofskonferenz auf Facebook, die vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat seit Jahren unterstütz wird. Am Karfreitag wird der Kreuzweg von Papst Franziskus aus dem Vatikan übertragen. An den Sonntagen nach Ostern werden die Papstmesse im landesweiten Bildungskanal sowie halbstündige Nachrichten der kubanischen Bischöfe in den jeweiligen Lokalsendern zu sehen sein – „bis die Isolierung aufgrund des Coronavirus' vorüber ist“.

für die Menschen in Lateinamerika in der Corona-Krise

Die Osterfeierlichkeiten sind in diesem Jahr auf Kuba, wie in vielen anderen Ländern, von den Einschränkungen durch Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie betroffen. Am 24. März hatten Kubas Bischöfe angekündigt, dass alle öffentlichen Feierlichkeiten in katholischen Kirchen und Gemeinden ausfallen, Katechesen für Kinder und Erwachsene nicht mehr stattfinden, Ausbildungszentren, Diözesan- und Pfarrbibliotheken sowie Kindergärten auf der ganzen Insel geschlossen bleiben. Die Gläubigen wurden angehalten, den Anweisungen der Gesundheitsbehörden Folge zu leisten. In dem offenen Brief baten die Bischöfe um Gelassenheit und Glauben angesichts des Gefühls der Verletzlichkeit, das durch die Pandemie verursacht werde. Sie empfahlen das gemeinsame Gebet und Lesen des Wortes Gottes in der Familie: „Das Vertrauen, das aus dem zum Leben erweckten Glauben entspringt, hilft uns, die Angst aus unserem Geist und Herzen zu entfernen.“ In derselben Erklärung baten sie die Regierung um Sendezeit. 

Dass diese nun bewilligt wurde, war keineswegs zu erwarten; dürfte aber auch damit zu tun haben, dass die Kirche die Empfehlungen der Regierung nach „sozialer Distanzierung“ so schnell mitgetragen hat. Laut dem digitalen Kirchenportal Vida Nueva sind die Ostersendungen die größte Medienpräsenz seit 60 Jahren, die die kubanische Regierung der Katholischen Kirche gewährt. Die Bischofskonferenz dankte den Behörden und riefen die Gläubigen auf, die Sendungen zu verfolgen. Auch die evangelische Kirche erhält Sendezeit. Das kubanische Fernsehen wird in der Karwoche täglich 15-minütige Nachrichten von verschiedenen evangelischen Pastoren des Landes senden, berichtet das Online-Portal Evangélico Digital. 

Seit Jahren bemüht sich die Katholische Kirche Kubas um mehr Zugang zu den staatlichen Medien. In den vergangenen Jahren hat sie ihren Handlungsspielraum auf der Insel spürbar erweitert. Das oft schwierige Verhältnis zwischen Staat und Kirche hatte sich bereits seit Mitte der 1980er Jahre gewandelt. Den Wendepunkt im Verhältnis von Staat und Kirche markierte 1986 der 1. Nationale Kirchentag. Nach dem IV. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas im Jahr 1991 war es praktizierenden Gläubigen aller Religionsgemeinschaften wieder erlaubt, Parteimitglied zu werden. Und mit der Verfassungsänderung 1992 erklärte sich Kuba fortan zu einem laizistischen Staat. Im Jahr 1996 erhielt Kubas damaliger Staatschef Fidel Castro eine Audienz bei Papst Johannes Paul II. Dieser wiederum reiste zwei Jahre später als erster Pontifex nach Kuba. Nach ihm haben auch Benedikt XVI. 2012 und Franziskus 2015 die Karibikinsel besucht. Da können nur Brasilien und die USA mithalten. 

Zwar sind fast zwei Drittel der rund elf Millionen Einwohner Kubas katholisch, aber nur zwei Prozent gehen regelmäßig zur Sonntagsmesse. Atheisten und Anhänger afrokubanischer Kulte stellen die größeren Gruppen. Die Katholische Kirche jedoch die einzige zivilgesellschaftliche Institution auf der Insel mit einer flächendeckenden Infrastruktur und der wichtigste Gesprächspartner der Regierung. Nun bekommt sie zudem erstmals seit der Revolution nennenswert Sendezeit im staatlichen Fernsehen. Ob daraus etwas Dauerhaftes wird, bleibt abzuwarten.

Text: Andreas Knobloch, Havanna

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