Essen auf Augenhöhe
Unternehmer und Obdachlose

Zum Welttag der Armen, den Papst Franziskus für den 18. November ausgerufen hat, hat ein breites Bündnis unter Beteiligung des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat am gestrigen Sonntag zum Mittagessen und anschließenden Kinobesuch eingeladen. Dabei saßen Obdachlose, Alleinerziehende und Unternehmer an einem Tisch.

Mittagessen auf Augenhöhe: Adveniat-Geschäftsführer Stephan Jentgens im Gespräch mit dem Obdachlosen Peter.

Mittagessen auf Augenhöhe: Adveniat-Geschäftsführer Stephan Jentgens im Gespräch mit dem Obdachlosen Peter. Foto: Achim Pohl/Adveniat

Im Forum der Bank im Bistum Essen steht eine Fotowand. Sie zeigt gestellte Szenen von obdachlosen und benachteiligten Menschen, Schlafstätten in Toiletten oder Jugendlichen in finanziellen Nöten. Die Fotomotive haben Schülerinnen und Schüler der Hauptschule in Bottrop-Welheim im Rahmen einer Projektwoche erarbeitet. Die Aufgabenstellung: Bilder, die die Armut in Deutschland widerspiegeln. 

Ralf könnte einer der Menschen auf den Bildern sein. Er kennt das Leben auf der Straße. Peter, der Philosoph, auch. Sie sind zwei von rund 100 Gästen, die am Welttag der Armen zum gemeinsamen Mittagessen und zur Kinovorstellung gekommen sind. Und sie haben viel zu erzählen. Von komplizierten Familienverhältnissen und Trennungen oder auch vom einstigen Leben im Wohlstand, das durch widrige Umstände auf der Straße endete. Neben ihnen steht der Franziskaner-Pater Hermann-Josef Schlepütz, der die nicht alltägliche Runde begrüßt. Er hat viele der heute Anwesenden zu diesem Treffen eingeladen. Sie alle schätzen seine Kompetenz: das Zuhören. Pater Hermann-Josef ist in der Essener Innenstadt als Seelsorger unterwegs und versteht sich selbst als Brückenbauer. Denn er spricht die Obdachlosen an und stellt Kontakte zu Einrichtungen her, die ihnen Unterstützung bieten können. Die Menschen sehen ihn als Mutmacher. „Das ist eines der schönsten Komplimente, die ich erhalten habe“, sagt er. Pater Hermann-Josef kam vor acht Jahren von Köln nach Essen und besucht heute regelmäßig auch Einrichtungen für obdachlose, drogenabhängige oder gefährdete Menschen. Und er gestaltet einen wöchentlichen Bibelkreis, an dem auch Ralf seit Jahren teilnimmt.

Helfen Sie mit, im Sinne von Papst Franziskus Not und Armut weltweit zu lindern.

„Hört ihnen wirklich zu“, sagt Papst Franziskus. So soll der Welttag der Armen in erster Linie eine Gelegenheit für Begegnungen sein. Der Papst ruft Verbände und Gemeinden dazu auf, arme Menschen einzuladen, ihnen zuzuhören und sich im Einsatz gegen Armut auch mit anderen zusammenzutun. „Papst Franziskus lädt uns ein, alle Menschen als Geschwister zu verstehen“, betonen Adveniat-Geschäftsführer Stephan Jentgens und Schwester Mariotte Hillebrand von den Missionsärztlichen Schwestern, Duisburg, in ihrer Begrüßung. „Wir haben alle Fähigkeiten und Bedürfnisse, daher wünschen wir uns hier Begegnungen auf Augenhöhe.“

Und das gelingt an diesem Sonntag. Das Prinzip „nur Vornamen, keine Titel“ trägt dazu bei, aber auch die Vorstellungsrunde, bei der die Teilnehmenden ihre Gemeinsamkeiten hinsichtlich Herkunft oder Vorlieben entdecken können. Beim Thema Fußball scheiden sich ja bekanntlich die Geister – Thomas und Peter eint aber die Begeisterung für Borussia Dortmund. Als Sprecher des Vorstands der Bank im Bistum Essen freut sich Dr. Peter Güllmann vor allem darüber, dass es für viele der heute Anwesenden keine Barriere ist, eine Bank zu betreten. „Als Bank im Bistum Essen stehen wir für ethisch-moralisches Banking. Und der Kampf gegen Armut ist für uns ein wichtiges Thema: So ermöglichen unsere Mikrofinanzfonds in Schwellenländern zum Beispiel, dass die Menschen eigenverantwortlich ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Familien verdienen können.“

Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz ist gerade aus Brasilien zurückgekommen und weiß um die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation, die immer mehr Menschen an den Rand drängt – dort wie hier. Mehr als 2.000 Projekte unterstützt das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat jedes Jahr in Südamerika. Im Ruhrgebiet kämpfen die Bündnispartner wie die Missionsärztlichen Schwestern um Schwester Mariotte gegen Armut: Sie sind unter anderem in Duisburg-Marxloh aktiv und helfen benachteiligten Menschen mit vielfältigen niedrigschwelligen Angeboten. Und dann sind da eben solche ungezwungenen Zusammenkünfte wie das gemeinsame Mittagessen am Sonntag, die Menschen in offenen Gesprächen und mit anschließendem Kinobesuch ein wenig näher zusammenbringen. 

„Am Welttag der Armen sind wir aufgerufen, auf die Benachteiligten in unserer Umgebung und weltweit zu schauen. Dazu sollen wir Begegnung zulassen. Bei einem gemeinsamen Essen funktioniert das wunderbar“, sagt Weihbischof Ludger Schepers. Er freue sich über die Initiativen im Bistum Essen, bei denen sich Menschen aufeinander einlassen, zusammen essen und einander zuhören. „So lernt man die Lebenswelt der Mitmenschen besser kennen und schafft die Voraussetzung, zusammen an einer gerechteren Welt zu arbeiten.“ (Text: Sabine Kelp)

Gibt der Armut ein Gesicht: Das Bündnis zum Welttag der Armen am 18.11.2018
• Bistum Essen (Citypastoral und Abteilung Weltkirche)
• Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat
• BDKJ-Diözesanverband Essen
• DJK Sportverband – Bundesverband und Diözesanverband Essen
• Franziskaner in Essen
• Propsteipfarrei St. Johann in Duisburg-Hamborn
• Hauptschule Bottrop-Welheim
• Jugendberufshilfeeinrichtung „Duisburger Werkkiste
• Missionsärztliche Schwestern
• Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB – Diözesanverband Essen)
• Katholisches Bildungswerk Duisburg
• Petershof – sozialpastorales Zentrum an St. Peter in Duisburg
• Catering: Café Jedermann, Caritas in Oberhausen
• Sponsoring: Bank im Bistum Essen