Weltwassertag:
Grüne Lunge trocknet aus

Am 22. März ist Weltwassertag. Im Jahr der Amazonassynode richten wir den Blick auf die "grüne Lunge" unserer Erde und haben mit unserem Brasilien-Referenten Klemens Paffhausen darüber gesprochen, warum das Amazonasgebiet so extrem schützenswert ist und inwiefern der Klimawandel diesen wertvollen Schatz bereits angegriffen hat.

In Brasilien werden pro Jahr Flächen in der Größe von mehr als einer Millionen Fußballfelder abgeholzt. Foto: Adveniat

Herr Paffhausen, inwiefern ist der Klimawandel mit dem Wassermangel in Brasilien verbunden? 

Wassermangel in Brasilien dürfte laut zahlreichen Studien auf die immensen Abholzungen und den damit verbundenen Klimawandel zurückzuführen sein. Vor etwa drei Jahren kam es beispielsweise in Brasilien zu einer bis dahin noch nie dagewesenen Trockenzeit und dem Trockenfallen zahlreicher Talsperren und Stauseen. In den Großstädten wie Rio de Janeiro und Sao Paulo musste Trink- und Gebrauchswasser rationiert werden.

Und wie sieht es am Amazonas aus, dem wasserreichsten Fluss der Erde?

Auch dort beobachtet man vermehrt die Austrocknung von Flussarmen, die Veränderung der Flussläufe aber auch eine Änderung bei den Niederschlagsmengen und – orten. Das sorgt für Not bei Mensch und Tier. Für das Amazonasgebiet ist zudem die Verunreinigung und stellenweise gar Vergiftung von Flüssen ein zunehmendes Problem. Goldsucher nutzen das hochtoxische Quecksilber beim Waschen von Goldsand aber auch der Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft bringt so manche Kontamination von Fluss- und Grundwasser mit sich. Schließlich sollte man sich vor Augen führen, dass in den Tiefen des Amazonasgebietes das Trinkwasser nicht aus dem Wasserhahn kommt. Quellen oder Flflüsse müssen besonders geschützt werden und sind auch dort oft nur über kilometerlange Fußmärsche zu erreichen.

Für gute Lebensbedingungen für die indigenen Völker im Amazonas.

Mit der Amazonas-Synode stellt Papst Franziskus die "grüne Lunge" unserer Erde in den Mittelpunkt. Doch es geht bei dem Schutz der Region ja auch um den Lebensraum von Menschen ...

So wie Papst Franziskus, aber auch die vielen Seelsorgerinnen und Seelsorger im Amazonasgebiet diese Region sehen, handelt es sich tatsächlich nicht nur um einen Lebensraum für Wald und Tiere sondern auch um einen – leider zusehends bedrohten – Lebensraum für Menschen. Für Brasilien schätzt man, dass im dortigen Regenwald etwa 20 Millionen Menschen leben. Oft unter sehr einfachen Lebensbedingunen, fernab von einer Schule oder einem Krankenhaus. Wir kennen dieses Menschen als ribeirinhos, was man mit Flußuferbewohner übersetzen könnte. Sie und die schon jahrhundertelang dort lebenden Indigenen haben eine viel direkteres Gespür für die Empfindlichkeit des dortigen Ökosystems. Sie verstehen sich daher zunehmend als Anwalt der bedrohten Schöpfung mit ihren Folgen für das Weltklima.

Warum sollte der Erhalt des Amazonas auch bei uns in Deutschland ein dringenderes Thema werden?

Klima ist ja sehr komplex und hat weltweite Zusammenhänge. Unsere Lebensweise hier, besonders, wenn wir an den weltweiten Verbrauch von Soja, Tropenhölzern, Rindfleisch, Plantagen zur Erzeugung von Rohstoffen für die Papier- und Zelluloseindustrie, Ölpalmen etc. denken, steht in direktem Zusammenhang mit der immensen Rodung und den sich damit einhergehenden Klimawandel. Der Einsatz zum Erhalt des Hambacher Forst hat insofern sicherlich Symbolkraft für die Bedrohung der Schöpfung auf beiden Seiten des Atlantiks. Er zeigt, dass wir die Prioritäten heute anders setzen müssen.

In Brasilien war das Thema Wasser in den letzten Monaten immer wieder im Zusammenhang mit den Dammbrüchen in den Medien. Sie sprechen hier nicht von einer Tragödie, sondern von einem Umweltverbrechen ...

Im Grunde genommen geht es bei solchen Auffangbecken oder Staubehältern um die einfache und kostengünstige Entsorgung der kontaminierten Abfälle, wie sie beispielsweise bei der Eisenerzgewinnung oder -verarbeitung anfallen. Statt sie aufzuarbeiten oder einem sicheren Endlager zuzuführen, werden sie einfach gesammelt. Wenn dann noch Korruption bei der sicherheitsrelevanten Prüfungsverfahren hinzukommt, fängt es buchstäblich an, kriminell zu werden. Umweltverbrechen deshalb, weil nicht nur viele Todesopfer zu beklagen sind, sondern auch eine kilometerlange Verseuchung der umliegenden Flusstäler und den angrenzenden Landstrichen. Keiner weiß genau, was sich dort alles ergossen hat. 

In welcher Form engagiert sich Adveniat für den Erhalt des Amazonasgebiets?

Adveniat setzt sich für REPAM, das lateinamerikanische Netzwerk der Kirche in Lateinamerika ein, in dem sich die Kirchen der neun Anrainerstaaten des lateinamerikanischen Amazonasgebiets zusammengeschlossen haben. Es analysiert Problemlagen, koordiniert Hilfsmaßnahmen und versteht sich als Stimme der Betroffenen für die Synode des Amazonasgebietes, zu der Papst Franziskus im Herbst nach Rom geladen hat.

Einen Audio-Beitrag dazu finden Sie auf Augenblick mal! Kirche in den NRW-Lokalradios