Corona und Klimawandel:
Noch nie brauchte Lateinamerika in diesem Jahrhundert so dringend Hilfe

Keine andere Region der Welt ist in den letzten Wochen und Monaten so hart getroffen worden wie Lateinamerika. Verheerende Hurrikane haben Hunderttausende Menschen in Mittelamerika obdachlos gemacht. Hinzu kommt ein durch die Corona-Krise ausgelöster historisch beispielloser wirtschaftlicher Absturz von Argentinien bis Mexiko, der Millionen Menschen unter die Armutsgrenze hat rutschen lassen, neue Flüchtlingsströme auslösen und einen ganzen Kontinent in politisch instabile Lagen abgleiten lassen wird.
 

Neben den Wirbelstürmen in Mittelamerika ist Lateinamerika durch die Folgen der Corona-Krise besonders hart getroffen. So hat die Armut in einigen Ländern Lateinamerikas einen neuen Höchststand innerhalb der letzten zehn Jahre erreicht. Foto: Adveniat/ Kopp


„Die Menschen in Lateinamerika brauchen unsere Unterstützung, ganz besonders jetzt. Vor allem, weil sie unverschuldet in diese Krise geraten sind“, sagt Pater Michael Heinz, Hauptgeschäftsführer des kirchlichen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat.

Die Hurrikane „Eta“ und „Iota“ hatten im November in der Karibik und in Mittelmeer eine Spur der Verwüstung hinterlassen. „In Honduras wurde ein großer Teil der Infrastruktur getroffen. Viele Brücken und wichtige Verbindungsstraßen wurden zerstört. Anbauflächen und Ernten sind zerstört, die Versorgungslage für die kommenden Jahre ist gefährdet“, befürchtet Mittelamerika-Expertin Ines Klissenbauer von Adveniat. „Es dauerte Wochen bis überhaupt Kontakte mit einzelnen Gemeinden aufgenommen werden konnte.“

Auch Wochen nach den Hurrikans Eta und Iota ist wahres Ausmaß der Schäden noch nicht abzuschätzen

Pater Michael Heinz, Adveniat-Hauptgeschäftsführer. Foto: Adveniat

Ähnliche Nachrichten gibt es aus den Nachbarländern. In Guatemala befinden sich immer noch mehr als 250.000 Menschen in offiziellen und inoffiziellen Notunterkünften, 234 Gemeinden sind noch gar nicht erreichbar. In Nicaragua wurden indigene Dörfer zerstört, gerade an der Atlantikküste sind große Teile der Infrastruktur zerstört.

Auch Wochen nach den Hurrikans Eta und Iota ist das wahre Ausmaß der Schäden noch gar nicht abzuschätzen. Hinzu kommt der wirtschaftliche Absturz durch die Corona-Pandemie. „Wir müssen unser Land ganz neu aufbauen“, sagte der honduranische Kardinal und Erzbischof von Tegucigalpa Oscar Rodriguez Maradiaga. Die Entwicklung in Mittelamerika werde zwangsläufig neue Migrationsbewegungen auslösen.

Vor allem die ländliche Bevölkerung steht angesichts der zerstörten Infrastruktur vor dem Nichts. Adveniat half in den ersten Tagen nach den Wirbelstürmen bereits mit Soforthilfen in Höhe von 200.000 Euro. In Honduras unterstützt Adveniat in diesen Monaten unter anderem mehrere tausend Familien im Departement Cortés. Freiwillige Mitarbeiter der Pfarreien haben den Hilfebedarf in den ländlichen und städtischen Gebieten ermittelt, vor allem in den Armensiedlungen der Städte Puerto Cortés, Choloma und San Pedro Sula sowie in den ländlichen Regionen des Nordens.
 

Für die Menschen auf dem Land in Lateinamerika.

Neben den Wirbelstürmen in Mittelamerika ist Lateinamerika durch die Folgen der Corona-Krise besonders hart getroffen. So hat die Armut in Argentinien laut einem Bericht der Katholischen Universität einen neuen Höchststand innerhalb der letzten zehn Jahre erreicht. Inzwischen sind 44,2 Prozent der Argentinier – das sind rund 20 Millionen Menschen - unter die Armutsgrenze gerutscht. Die Zahl wäre noch höher ausgefallen, hätten staatliche und kirchliche Notprogramme nicht geholfen, die Lebensmittelversorgung für einen Teil der Bevölkerung sicherzustellen. Besonders besorgniserregend ist, dass zwei Drittel der Jugendlichen und Kinder in Argentinien aus armen Haushalten stammen.

„Wir dürfen Lateinamerika in dieser schwierigen Phase nicht alleine lassen“

Ähnlich alarmierende Zahlen gibt es aus fast allen lateinamerikanischen Ländern. „Wir dürfen Lateinamerika in dieser schwierigen Phase nicht alleine lassen“, sagt Pater Michael Heinz. Der Adveniat-Hauptgeschäftsführer befürchtet allerdings, dass durch die Corona-Beschränkungen die Weihnachtskollekte in den katholischen Kirchen, die traditionell für Adveniat bestimmt ist, einbrechen wird. „Es besteht die konkrete Gefahr, dass wir im kommenden Jahr, das aufgrund der derzeitigen Situation für die Lateinamerikaner besonders kritisch werden wird, nicht mehr in dem Maße werden helfen können wie sonst. Gerade die Menschen in den abgelegenen Gebieten sind auf Hilfe von außen angewiesen.“ Pater Heinz ruft daher zu Online-Spenden auf, sollten Menschen nicht die Möglichkeit haben, am Weihnachtsgottesdienst teilzunehmen.

Adveniat hat seine diesjährige Weihnachtsaktion unter das Motto „ÜberLeben auf dem Land“ gestellt. Das Lateinamerika-Hilfswerk setzt sich auch mit seinen Partnern in ganz Lateinamerika dafür ein, dass die Landbevölkerung Zugang zu Trinkwasser, Elektrizität und Gesundheitsversorgung hat. Im Rahmen der Corona-Nothilfe wird gerade auch die lateinamerikanische Landbevölkerung mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und überlebensnotwendigen Medikamenten unterstützt.