Papst benennt 21 neue Kardinäle - drei davon aus Lateinamerika

21 neue Kardinäle aus aller Welt, zwei davon aus Brasilien und einer aus Paraguay. Mit seinen angekündigten Ernennungen mischt Franziskus die Riege der Papstwähler auf und macht klare Ansagen. Wieder zählt Tradition nicht viel.
 

Dom Leonardo Steiner, Erzbischof von Manaus und Adveniat-Partner ist einer der drei Kardinäle aus Lateinamerika, die Papst Franziskus jüngst benannt hat. Foto: Florian Kopp


Seit rund einem Jahr wurde erwartet, dass der Papst neue Kardinäle benennt. Am Sonntag war es soweit. Für Ende August kündigte Franziskus eine Kardinalsversammlung, ein Konsistorium, an. Und verlas eine illustre Liste mit 21 Namen. Neben erwartbaren Kandidaten wie den Leitern der Liturgie- und Klerusbehörde, Arthur Roche und Lazzarus You Heung-sik, sowie dem Regierungschef des Vatikanstaats, Fernando Vergez Alzaga, spannt sich die Liste neuer Kardinäle einmal um den Globus. Von Ost nach West und von Nord nach Süd.

Ein deutliches Signal sendet der Papst in die USA. Wenige Tage, nachdem Erzbischof Salvatore Cordileone von San Francisco seine Priester anwies, der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi die Kommunion zu verweigern, und andere ihm darin zustimmten, versprach Franziskus die Kardinalswürde dem Bischof von San Diego, Robert McElroy.

Der Hirte eines Grenzbistums hatte sich nicht nur deutlich gegen die Migrationspolitik von US-Präsident Donald Trump gewandt. Im Streit um den Kommunionempfang für katholische Politiker, die Abtreibung akzeptieren, warnte er seine Mitbrüder auch davor, "die Eucharistie zu einem politischen Werkzeug zu machen". Der Papst konnte kaum deutlicher sagen, dass er das genauso sieht. Wobei Franziskus Abtreibung keineswegs verharmlost.
 

Neue Kardinäle aus Lateinamerika

Leonardo Ulrich Steiner (71) ist seit Ende 2019 Erzbischof von Manaus und langjähriger Adveniat-Projektpartner. Als Kirchenmann im Amazonasgebiet vertritt Steiner ein wichtiges Anliegen des aktuellen Pontifikats, zu dem Franziskus 2019 eine eigene Sondersynode einberufen hatte. Besonders gefordert war die Kirche der Region während der Covid-19-Pandemie, als zeitweise allein in Manaus täglich 500 Menschen starben. Steiner trat 1972 dem Franziskanerorden bei und wurde 1978 zum Priester geweiht. Später folgten Stationen als Bischof von Sao Felix im Mato Grosso sowie als Weihbischof in Brasilia.

Paulo Cezar Costa (54) wurde 2020 von Franziskus zum Leiter von Brasiliens Hauptstadt-Erzbistum Brasilia berufen. Costa, der an der Päpstlichen Universität Gregoriana einen Doktortitel in Dogmatik erwarb, ist Mitglied des Päpstlichen Ökumene-Rates und in der Lateinamerika-Kommission. 2013 war er stellvertretender Leiter für die Organisation des Weltjugendtags in Rio de Janeiro.

Adalberto Martinez Flores (70) ist erst im Februar vom Papst zum Erzbischof der paraguayischen Hauptstadtdiözese Asuncion ernannt worden. Zuvor war er Bischof von Villarrica, seit 2018 aber ist er bereits Vorsitzender der Bischofskonferenz des Landes.


Mit den Erzbischöfen von Marseille und Manaus, Jean-Marc Aveline und Leonardo Ulrich Steiner, holt sich der Papst zwei Männer ins Kardinalsteam, die mit großen Herausforderungen dieser Zeit kämpfen: Als Erzbischof eines der größten Häfen am Mittelmeer ist Aveline mit dem Thema Migration vertraut; Steiner aus der boomenden Hafenstadt am Amazonas vertritt ein wichtiges Anliegen des aktuellen Pontifikats, zu dem es 2019 eine eigene Sondersynode gab. Besonders gefordert war Steiner während der Covid-19-Pandemie, als zeitweise allein in Manaus täglich 500 Menschen starben.

Neben Steiner erhält ein weiterer Brasilianer, der Erzbischof der Hauptstadt Brasilia, Paulo Cezar Costa, den Purpur. Adalberto Martinez Flores aus Paraguays Capitale Asuncion komplettiert die inzwischen ziemlich große lateinamerikanische Fraktion.

Viel Wert legt der Papst aus Argentinien weiterhin auf Asien. Sechs Kardinalbiretts gehen an Vertreter dieses Kontinents: den Koreaner You an der Kurie, zwei Bischöfe im religionspolitisch schwierigen Indien, eines an das katholischste Land Asiens, das kleine Ost-Timor, eines in die Finanz- und Wirtschaftsmetropole Singapur sowie eines in die Weiten der Mongolei, wo ein aus Italien stammender Bischof, Giorgio Marengo, eine noch junge, kleine Kirche leitet. 
 


Apropos Italien: Im kleinen Como am gleichnamigen See erhält Oscar Cantoni den Purpur. Ein Grund dafür ist schwer zu erahnen. Von den anderen Kardinalshüten in Italien dürfte allein Gianfranco Ghirlanda noch wichtig werden. Zwar kann der Jesuit, der Anfang Juli 80 wird, einen nächsten Papst nicht mehr mitwählen. Als Kardinal aber kann er ins sogenannte Vorkonklave einziehen. Diese Beratungen aller (!) Kardinäle werden künftig umso wichtiger, je heterogener das Kollegium der Papstwähler wird. 

Westafrika wird mit zwei Kardinalsbiretts bedacht: Bischof Richard Kuuia Baawobr aus Ghana sowie Peter Okpaleke aus Nigeria. Für Okpaleke mag es eine persönliche Wiedergutmachung sein. Er war 2012 in eine Diözese gesandt worden, deren Bewohner ihn als Angehörigen einer anderen Ethnie nicht akzeptierten.

Sechs Jahre lang hielt er das aus, auch ein Machtwort von Franziskus richtete nichts aus. 2018 verzichtete Okpaleke und wurde zwei Jahre später in ein anderes Bistum geschickt; der Kardinalshut auch als Zeichen päpstlicher Solidarität mit einem Bischof gegen Teile des Gottesvolkes, das Katholizität ethnisch einengen will.

Nun also gibt es neue Kardinäle am Sonntag, dem 27. August. Die Zahl der Papstwähler steigt dann von 116 auf 131, die Gesamtzahl der Kardinäle von 208 auf 229. Möglichst vielen von ihnen will der Papst anschließend zwei Tage lang seine neue Kurienverfassung "Praedicate evangelium" erläutern. Da diese eine engere Kooperation zwischen vatikanischer Kurie und Ortskirchen vorsieht, ist es gut, weltweit wichtige Mitspieler zu haben. (kna/adv)