Soziale Grundrechte verankern
Adveniat zu Chiles Verfassungskonvent

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat begrüßt die demokratische Suche nach einer neuen Verfassung in Chile, in der endlich auch soziale und indigene Grundrechte verankert werden sollen.

Mit dem Verfassungskonvent erfüllt sich eine der Forderungen der Massenproteste 2019 und 2020

Mit dem Verfassungskonvent erfüllt sich eine der Forderungen der Massenproteste 2019 und 2020. Foto: Matthias Hoch/Addveniat

„Es ist sehr erfreulich, dass Chile sich mit der Gründung eines Verfassungskonvents, in dem auch 17 Plätze für Indigene vorgesehen sind, auf den Weg zu einer neuen Verfassung macht. Damit kann das neoliberale Erbe der Militärdiktatur endlich abgeschüttelt werden und soziale Grundrechte können verankert werden“, sagt Chile-Experte Franz Hellinge vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.

Nach ersten Hochrechnungen und Auszählung von 73 Prozent der Stimmen kommt die rechtsgerichtete Partei  „Vamos por Chile“ des konservativen Präsidenten Sebastian Pinera auf rund 21,1 Prozent der Stimmen. Die linksgerichteten Parteien und Bündnisse „Apruebo Dignidad“ (18,5%) und „Lista del Pueblo“ (15,1%) sowie die Mitte-Links-Gruppierungen „Lista del Apruebo“ (14,7%) und „Independientes No Neutrales“ (7,9%) liegen auf den Plätzen zwei bis fünf, kommen zusammen aber auf rund 56 Prozent der Stimmen.

Wichtiges Signal für die Demokratiebewegung in Lateinamerika

Mit der erfolgreichen und friedlichen Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung habe Chile damit am Wochenende ein wichtiges Signal für die Demokratiebewegung in Lateinamerika gesetzt, unterstreicht das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat die Bedeutung des historischen Votums. Mit großem Verantwortungsbewusstsein hat sich das Wahlvolk in Chile für eine breitgefächerte Zusammensetzung des Verfassungskonvents entschieden und damit bewiesen, dass innenpolitische Konflikte auf demokratischer Basis gelöst werden können.

Für Frieden und Menschenrechte in Lateinamerika und der Karibik.

Chile-Referent Franz Hellinge

Franz Hellinge ist Chile-Referent bei Adveniat. Foto: Martin Steffen

Chile hat nun die Möglichkeit sich von jener Verfassung zu verabschieden, deren Geist noch in Teilen aus der Zeit der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973 – 1990) stamme und die unter anderem die demokratischen Grundrechte der indigenen Bevölkerung einschränkte. „Chile hat endlich eine echte Chance sich zu einer sozial gerechteren Gesellschaft zu entwickeln, in der auch ethnische Minderheiten ihre Anerkennung haben“, sagt Hellinge. Die neue Verfassung muss innerhalb von neun Monaten ausgearbeitet werden, mit einer möglichen Verlängerung um maximal drei Monate. 2022 wird in einem Referendum darüber abgestimmt.

Polizeigewalt gegen Demonstranten aufklären

Vorausgegangenen waren in den Jahren 2019 und 2020 Massenproteste zunächst junger Chileninnen und Chilenen, an denen sich später aber alle gesellschaftlichen Schichten beteiligten. Dabei war es zum Teil zu schweren Menschenrechtsverletzungen der chilenischen Sicherheitskräfte gekommen, die von Menschenrechtsorganisationen dokumentiert wurden. Diese Verstöße müssen umfassend aufgeklärt und geahndet werden, fordert Adveniat.

Ebenfalls am Wochenende standen die Regional- und Kommunalwahlen in Chile auf dem Programm. Einen bemerkenswerten Erfolg feierte dabei der Umweltschützer Rodrigo Mundaca in der Region Valparaiso, der sich für den Schutz des Wassers einsetzt. Der Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises von 2018 wird neuer Gouverneur von Valparaiso.

Das Wahlergebnis zeige, dass die Chilenen der privatwirtschaftlichen Nutzung des Wassers eine klare Absage erteilen und stattdessen auf eine nachhaltige Umweltpolitik setzen, die allen Bevölkerungsschichten zu Gute kommen soll.

Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 2.000 Projekte mit rund 35 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.