Krise in Venezuela - Hunderttausende fliehen in Nachbarländer

Neue Zahlen unterstreichen die zunehmende Dramatik der Flüchtlingskrise in Lateinamerika. Allein über eine Brücke zwischen Kolumbien und Ecuador reisten fast 300.000 Venezolaner aus. Foto: Matthias Hoch

Die Flüchtlingskrise in Lateinamerika nimmt immer größere Ausmaße an: Fast 300.000 venezolanische Staatsbürger sind im laufenden Jahr über den Landweg von Kolumbien nach Ecuador eingereist. Das geht aus 24. Mai 2018 veröffentlichten Zahlen der kolumbianischen Migrationsbehörde hervor. Demnach überquerten 286.000 Venezolaner die "Internationale Brücke von Rumichaca", die Kolumbien mit Ecuador verbindet. Die 2013 modernisierte Brücke zählt zu den wichtigsten Grenzübergängen zwischen den beiden südamerikanischen Andennationen.

Kolumbien, das Nachbarland Venezuelas, ist erstes Ziel zahlreicher Venezolaner. Das Rote Kreuz sprach zuletzt von rund einer Million Menschen, die in den vergangenen zwei Jahren wegen der Wirtschaftskrise von Venezuela nach Kolumbien geflohen seien. Rund 800.000 Venezolaner sollen sich ohne gültige Aufenthaltspapiere in Kolumbien aufhalten. "Mehr als 700.000 Venezolaner haben Kolumbien in andere Länder verlassen, in erster Linie nach Ecuador, Peru und Chile", wird der Leiter der kolumbianischen Migrationsbehörde, Christian Krüger, zitiert. "Tag für Tag sind wir Zeuge des Zerfalls von Tausenden Familien, die alles in ihrem Land zurücklassen um eine bessere Zukunft zu suchen."

Um der Flüchtlingskrise zu begegnen, schlug Bogotas Bürgermeister Enrique Penalosa in dieser Woche eine automatische Einbürgerung für alle im Land befindlichen Venezolaner vor. "Das wäre eine historische Entscheidung, wenn wir ihnen automatisch die kolumbianische Staatsbürgerschaft geben würden. Eine humanitäre Entscheidung - das sind unsere Brüder", sagte der Politiker der Tageszeitung "El Tiempo". "Das wäre ein in die Zukunft gerichtetes Denken."

Venezuela wurde über Monate hinweg von schweren Massenprotesten wegen der katastrophalen Versorgungslage und der hohen Kriminalitätsrate erschüttert. Dabei starben nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehr als 120 Menschen. Zahlreiche Menschen flohen vor der herrschenden Not nach Kolumbien und Brasilien.

Venezuelas sozialistischer Staatspräsident Nicolas Maduro hatte 2017 trotz internationaler Proteste eine verfassunggebende Versammlung einberufen, die sämtliche Kompetenzen an sich zog. Das regulär gewählte Parlament, in dem die Opposition die Mehrheit hat, wurde entmachtet. Bei den kurzfristig einberufenen Präsidentschaftswahlen in der vergangenen Woche wurde Maduro mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt. Allerdings boykottierte ein großer Teil der Opposition die Wahlen, weil aussichtsreiche Rivalen Maduros von dem Urnengang ausgeschlossen waren. Zahlreiche Länder erkennen das Wahlergebnis nicht an. (kna)

Verwandte News

Die Wiederwahl von Venezuelas Präsident Nicolas Maduro hat Kritik über das südamerikanische Land hinaus ausgelöst. Nach Angaben der staatlichen Wahlbehörde entfielen auf den sozialistischen Amtsinhaber 67,7 Prozent der Stimmen.

weiterlesen

Essen.

„Die Venezolaner haben keine Wahl.“ Davon ist der Venezuela-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Reiner Wilhelm, angesichts der Präsidentschaftswahlen in Venezuela am 20. Mai 2018 überzeugt. „Das Regime, aber auch die Opposition sowie die internationale...

weiterlesen

Caracas.

Der Venezuela-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat fordert die Vereinten Nationen und die deutsche Bundesregierung auf, die humanitäre Notlage Venezuelas anzuerkennen. Nur so lasse sich der Druck auf die venezolanische Regierung erhöhen, endlich einen Korridor für...

weiterlesen