Mexiko: "Gespielt wie noch nie, verloren wie immer?" - Von wegen!

In Mexiko liegen Allmacht und Ohnmacht sehr nahe beieinander. Das Land zwischen Süd- und Nordamerika hat so seine Probleme, sein wahres Leistungsvermögen richtig einzuschätzen. „Como México no hay dos“ – kein zweites Land so wie Mexiko, lautet der Lieblingsspruch der Mexikaner. Das kann man so und so lesen. Mal halten sie sich für die Größten, mal ergehen sie sich in Selbstzerfleischung. Das gilt für die Wirtschaft und die Politik – aber ganz besonders für den Nationalsport Fußball.

Favorit auf den Weltpokal - zumindest gefühlt

Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander: Das Land ist Rekord-Teilnehmer bei Fußball-Weltmeisterschaften, aber keine Mannschaft hat in der WM-Historie häufiger verloren. Außer bei den Heimturnieren 1970 und 1986 schaffte es Mexiko nie ins Viertelfinale. Aber vor jedem Turnier erklärt sich die „Tri“ selbstredend zum Favoriten auf den Weltpokal, um dann doch spätestens im Achtelfinale auszuscheiden. In Russland ist das ein bisschen anders. Mit dem Weltmeister als Gruppengegner geht man im Land der Azteken nicht vom Gruppensieg aus, reklamiert aber selbstverständlich den zweiten Platz für sich. Schweden? Ohne Ibrahimovic leicht zu schlagen! Südkorea? Können nur rennen!

Niemand scheitert so tragisch schön wie Mexikaner

Aber niemand scheitert so tragisch schön wie die Mexikaner. Jedem Fußball-Fan treibt es noch heute die Schweißperlen auf die Stirn, wenn er an das Achtelfinale 2014 gegen Holland in Fortaleza denkt. 1:0 in der 48. Minute, 1:1 in der 88. Minute und 1:2 nach einem Elfmeter in der 94. Minute. „Gespielt wie noch nie, verloren wie immer“. Nie war dieser selbstironische Satz der Mexikaner treffender als 2014 in Brasilien. Mexiko ist sechs Mal in sechs Achtelfinals bei den letzten sechs Weltmeisterschaften gescheitert. Ist ja auch irgendwie ein Rekord.

Und für Russland sind selbst die größten Optimisten zu Pessimisten geworden, wenn sie an die „Fünfte Partie“ denken, das so sehr ersehnte Viertelfinale. Bei diesem Turnier macht schon der Spielplan ein Weiterkommen schwer. Sollte der zweite Platz in der Gruppe gelingen, droht im Achtelfinale Brasilien als Gegner.

Und dann gibt es ja noch eine Wahl!

Mexiko spiele bei Weltmeisterschaften nie wirklich gut, sagt Fernanda Ibarrola, die jede Partie verfolgt, wenn es geht. „Weil auch im Fußball die Korruption herrscht und verhindert, dass die größten Talente nach oben kommen“, ist die Architektin überzeugt. Sie drückt der „Tri“ die Daumen. Aber eines sei dann doch wichtiger als das Erreichen des Viertelfinales: die Präsidentenwahl am 1. Juli, mitten in der WM. „Wahlen während Weltmeisterschaften sind immer gefährlich. Da fällt der Wahlbetrug leichter, weil das Volk abgelenkt ist.“ Dabei gelte es dieses Jahr besonders. Erstmals in der Geschichte Mexikos könnte mit Andrés Manuel López Obrador ein Linkskandidat Präsident werden.

Text: Klaus Ehringfeld

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