Humanitäre Katastophe an Venezuelas Grenzen

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Angesichts zehntausender Menschen, die derzeit versuchen, Venezuela zu verlassen, spricht das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat von einer dramatischen Situation: „Täglich verlassen, ja fliehen mehr als 50.000 Venezolaner das Land über die offiziellen Grenzübergänge nach Kolumbien, um sich dort mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen“, beschreibt Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz die Lage.

Oft sind es ganze Familien, die aus Venezuela nach Kolumbien kommen. Vielfach suchen sie auch medizinische Hilfe. Das Bistum Cucutá gibt Essen und Medikamente aus. Foto: Adveniat

Dazu müsse man die Menschen rechnen, die über die „Grüne Grenze“ in die Nachbarländer fliehen. Hauptgrund für diesen Exodus seien die extrem schlechte Versorgungslage in Venezuela und die anstehenden Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung: „Die Menschen rechnen mit Unruhen und Grenzschließungen“, beschreibt der Adveniat-Hauptgeschäftsführer die Situation. Heinz war in der letzten Woche von einer Reise Kolumbien zurückgekehrt.

Der Bischof der kolumbianischen Diözese Cucutá an der Grenze zu Venezuela, Victor Manuel Ochoa, spricht von einer „humanitären Katastrophe“ an der Grenze: „Die Lage ist sehr schwierig. Die Menschen reisen zum Teil aus der 15 Wegstunden entfernten venezolanischen Hauptstadt Caracas an, um sich hier mit Medikamenten zu versorgen, weil es in Venezuela nichts mehr gibt.“ Das Bistum habe in der Pfarrei San Pedro in Cucutá eine Notanlaufstelle eingerichtet, in der täglich 1.500 Mahlzeiten ausgegeben würden. „Die Menschen kommen mit Bündeln venezolanischen Geldes, das hier nichts wert ist“, erklärt Bischof Victor Manuel, der auch Adveniat-Projektpartner ist. Seine Diözese hat bereits Hilfslieferungen mit Medikamenten in die Nachbardiözese San Cristobal nach Venezuela gebracht. „Viele der Flüchtlinge ziehen weiter“, weiß der Bischof von Cucutá: „Wer Geld für ein Flugticket hat, stellt sich in den Schlangen vor den Reisebüros an.“

„Die Kolumbianer helfen den Flüchtlingen nach Kräften“, betont auch Monika Lauer Perez, Kolumbien-Referentin bei Adveniat. Im Bistum Cucutá an der Grenze zu Venezuela, wo täglich mehrere Tausend Flüchtlinge ankommen, verteilt die Kirche Lebensmittel und Medikamente. „Die Bilder aus Cucutá erinnern an Szenen aus dem europäischen Flüchtlingssommer 2015. Zu Tausenden stehen die Venezolaner an den Grenzen und hoffen, das Land verlassen zu können.“

Die Krise in Venezuela und die dramatische Situation der Flüchtlinge dürfe jetzt nicht zu einer Beeinträchtigung des Friedensprozesses in Kolumbien führen, fordert Lauer Perez. „Es gibt Politiker aus dem rechten Spektrum, die nur darauf warten, der Regierung eine Unterstützung der chavistischen Diktatur in Venezuela vorwerfen zu können.“ Zudem sei die Grenzregion als Rückzugsgebiet der ELN, aber auch durch den Drogenhandel und den illegalen Abbau von Bodenschätzen besonders destabilisiert. „Die Notsituation der Flüchtlinge darf nicht politisch instrumentalisiert werden.“ Die kolumbianische Polizei und Armee seien angesichts der Menschenströme an den Grenzen zwar in erhöhter Bereitschaft, es gebe jedoch die klare Aussage von Regierungsseite, dass es keine massiven Abschiebungen aus dem Land geben werde.

In Venezuela gefährde die Regierung durch ihren harten Kurs gegen die Opposition und die Misswirtschaft das Leben und die Gesundheit der Menschen, betont Adveniat-Hauptgeschäftsführer Michael Heinz. Es müsse endlich möglich sein, humanitäre Hilfe, vor allem Medikamente, nach Venezuela zu bringen.

Die politische Krise verschärft sich kurz vor der Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung weiter. Der Generalstreik, der am 26. Juli fortgesetzt wurde, lähmt das Land zusätzlich.

Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat

steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von Hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten rund 2.000 Projekte gefördert werden, die mit mehr als 36 Millionen Euro genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.

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