Honduras' Kirche lehnt Sonderwirtschaftszonen ab

Bringen die umstrittenen "ZEDES" in Honduras nun Arbeitsplätze und wirtschaftliche Entwicklung oder nur noch mehr soziale Ungleichheit? Die Kirche hat sich klar positioniert und lehnt Sonderwirtschaftszonen ab. Bischof Miguel Lenihan aus La Ceiba spricht sich dafür aus, "Formen der wirtschaftlichen Entwicklungen zu suchen, die eine gleichmäßig gerechte Entwicklung für alle ermöglicht".

Adveniat-Partner wie Padre Melo kämpfen in Honduras gegen Ungerechtigkeiten und für alternative Wirtschaftsmodelle, von denen die einfachen Menschen auf dem Land profitieren und nicht nur dir reiche Elite

Adveniat-Partner wie Padre Melo kämpfen in Honduras gegen Ungerechtigkeiten und für alternative Wirtschaftsmodelle, von denen die einfachen Menschen auf dem Land profitieren und nicht nur dir reiche Elite. Foto: Jürgen Escher

Honduras galt schon vor dem Katastrophenjahr 2020 und der Corona-Pandemie als eines der ärmsten Länder Mittelamerikas. "Die beiden Wirbelstürme im letzten Herbst haben vielen Menschen alles genommen. Sie haben nichts mehr zu verlieren. Rund 80 Prozent leben in extremer Armut", Ines Klissenbauer, Referentin für Mittelamerika beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat die Situation zusammen. Hinzu kommt, dass der umstrittene rechtsgerichtete Staatspräsident Juan Orlando Hernandez nach Erkenntnissen der US-Drogenfahndung auch zu einem Strippenzieher im mittelamerikanischen Drogenhandel zählt. Korruption und Misswirtschaft seiner Regierung haben das Land noch weiter heruntergewirtschaftet. In Honduras ist nun eine Debatte neu entbrannt, wie diese Armut bekämpft werden kann.

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Ein Plan lautet, sogenannte Sonderwirtschaftszonen, kurz "ZEDES", zu schaffen. Unternehmen, die sich dort ansiedeln, sollen vom Zoll und im Steuerrecht begünstigt werden. Sinngemäß übersetzt bedeutet "ZEDE" Zone für Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung. Die gesetzlichen Sonderregelungen werden von den Gewerkschaften strikt abgelehnt, von den Unternehmen aber ausdrücklich begrüßt. Die Arbeitnehmervertreter befürchten, dass die Sonderrechte in diesen "Modellstädten" vor allem von reichen Einwohnern genutzt würden. Sie glauben: Diese "ZEDES" sind in Wahrheit kleine Steuerparadiese auf honduranischem Boden, in denen sich die Reichen zurückziehen können.

Die Planungen für die "ZEDE" auf der honduranische Karibikinsel Roatan versprechen blühende Landschaften mit Investitionen von 500 Millionen US Dollar innerhalb von vier Jahren. Die Tageszeitung "El Heraldo" spricht von bis zu 10.000 Einwohnern, die in dieser Region bald leben könnten. All das weckt Misstrauen. Die Mehrheit der Honduraner lehnt die "ZEDES" als Reichen-Projekte ab. Dutzende Bürgermeister haben bereits erklärt, dass es in ihren Städten und Gemeinden keine "ZEDES" geben wird.

Kirche fordert mehr Transparenz und Entwicklung für alle

Die Kirche in Honduras forderte derweil die politische Elite im Land zu mehr Transparenz auf. Diese sei insbesondere bei der Verwaltung öffentlicher Projekte eine Pflicht der gewählten Volksvertreter und ein Recht der Wähler, zitierte das Portal "Proceso" den Vorsitzenden der Honduranischen Bischofskonferenz, Bischof Angel Garachana aus San Pedro Sula. Honduranische Medien werteten die Äußerungen Garachanas als Kommentar zu den geplanten umstrittenen "ZEDES".
Diese würden die soziale Ungleichheit im Land verstärken, hatte zuvor bereits Bischof Miguel Lenihan aus La Ceiba kritisiert. "Deswegen sagen wir Nein zu den ZEDES in unserem Gebiet und rufen die Politik dazu auf, Formen der wirtschaftlichen Entwicklungen zu suchen, die eine gleichmäßig gerechte Entwicklung für alle ermöglicht", sagte Lenihan. Das honduranische Verfassungsgericht habe bereits dem Vorgängermodell der Sonderwirtschaftszonen eine Absage erteilt. Nun komme ein neuer Versuch durch die Hintertür.

Menschenrechtlerin Itsmania Platero glaubt sogar, dass die "ZEDES" genau das Gegenteil von dem bringen, was die Befürworter versprechen. Platero rechnet mit Binnen-Vertreibung und einer Zunahme von Migration in die USA. Hintergrund sei, dass für die "ZEDES" Menschen von ihrem Land vertrieben würden, damit der entsprechende Raum geschaffen werden könne.

Weite Teile der katholischen Kirche haben sich inzwischen entschieden und sich gegen die Sonderwirtschaftszonen gestellt. In Choloma in der Provinz Cortes unweit der Metropole San Pedro Sula organisierten die Gemeindemitglieder der katholischen Pfarrei sogar einen Protestmarsch. "Als Kirche stehen wir bereit für das Leben zu kämpfen. Wir wollen keine kleinen Paradiese, wo die Korruption regiert", sagte einer der Pfarrer der am Protest beteiligten Gemeinden.

Text: Tobias Käufer (KNA) 

Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 2.000 Projekte mit rund 35 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.