Adveniat-Referentin: "Wir müssen die Häuser weiter erdbebensicher machen"

Ein Fußballplatz in Les Cayes im Südwesten Haitis dient hunderten von Obdachlosen als behelfsmäßiges Lager. Es ist ein Labyrinth aus Stöcken, Betttüchern und Zeltplanen, dazwischen spielende Kinder. Im örtlichen Krankenhaus müssen aus Platzgründen noch immer viele Verletzte draußen, unter freiem Himmel schlafen und behandelt werden. Adveniat hilft derzeit mit einer Nothilfe bestehend aus Zelten, Medikamenten, Lebensmitteln und Hygienepaketen und sorgt langfristig mit für einen erdbebensicheren Wiederaufbau.
 

2200 Menschen starben bei dem Beben der Stärke 7,2; rund 30.000 wurden obdachlos (Symbolbild). Foto: Escher/Adveniat


Die Menschen schlafen noch immer unter freiem Himmel

„Die Situation ist für die Menschen auch drei Wochen nach dem Beben absolut dramatisch“, weiß Adveniat-Haiti-Referentin Soraya Jurado aus Gesprächen mit Projektpartnern. Es sei noch immer schwierig überhaupt an Zelte zu kommen, damit die Menschen nicht mehr unter freien Himmel schlafen müssen. „Andere, deren Häuser noch stehen, trauen sich nicht hinein. Aus Angst, sie könnten doch noch einstürzen“. Denn auch technische Teams, die die Statik der Häuser überprüfen, sind rar und erreichen die ländlichen Gebiete nur langsam.

Viele Straßen und Brücken wurden durch das Beben und Erdrutsche zerstört. Tropensturm Grace verschlimmerte die Lage noch. Bevor überhaupt Hilfe in die betroffenen Regionen kommen konnte, musste die Regierung mit kriminellen Banden verhandeln, die seit Monaten die einzige Ausfallstraße von der Hauptstadt in den Süden kontrollieren und dort Straßenblockaden errichtet hatten.
 

Für die Opfer des Erdbebens in Haiti.


Adveniat hat 100.000 Euro Sofort-Hilfe zur Verfügung gestellt

2200 Menschen starben bei dem Beben der Stärke 7,2; rund 30.000 wurden obdachlos. Im Gegensatz zum Beben von 2010, das die Hauptstadt schwer traf, ist auch die internationale Hilfe diesmal langsam. Das hat mehrere Gründe: 2010 war bereits die UN mit einem großen Kontingent vor Ort. Diesmal gibt es keinen parallelen, internationalen Apparat mehr. Deshalb sind heute die Betroffenen weitgehend auf sich alleine gestellt, unterstützt von Kirchen und einigen lokalen NGOs.

„Adveniat hat umgehend eine Soforthilfe von 100.000 Euro für die Menschen in Haiti bereit gestellt. Derzeit unterstützen wir die Menschen vor Ort mithilfe unserer Partner vor allem mit konkreter Nothilfe wie Zelten, Lebensmitteln, Hygieneartikeln und Medikamenten“, berichtet Adveniat-Referentin Jorado. Doch langfristig werden viele der Gelder auch in den Wiederaufbau fließen. „Dabei muss absolute Priorität haben, dass die neuen Gebäude erdbebensicher gebaut werden“, betont Jurado. „Dafür tragen wir gemeinsam mit dem Baubüro "Proche" der Haitianischen Bischofskonferenz Sorge“, erklärt die Referentin. Der Lichtblick in all dem Dunkel sei nämlich, dass alle in den letzten Jahren gemeinsam von Adveniat und Proche wieder errichteten Gebäude, dem Erdbeben Stand gehalten hätten.
 


Adveniat greift bei Hilfe auf langjährige Partnerstruktur zurück

In der Regel spiele beim Wiederaufbau natürlich auch der Staat eine sehr gewichtige Rolle und sollte den ganzen Prozess steuern. Der sei aber quasi komplett ausgefallen und auch schon vor dem Erdbeben von Korruption und Misswirtschaft geprägt gewesen, so die Adveniat-Referentin. Erst vor einem Monat wurde Präsident Jovenel Moise nach jahrelangen Machtkämpfen ermordet. Banden terrorisierten die Bevölkerung. Interimspräsident Ariel Henry habe weder Autorität, noch eine Regierung oder Geld, um angemessen auf die Katastrophe zu reagieren.

„Es ist ein großer Vorteil für uns als Adveniat und wir sind sehr froh darüber, dass wir nach dem Beben auf eine verlässliche Partnerstruktur zurückgreifen können“, so die Adveniat-Referentin. So kann Adveniat mit der Kirche vor Ort für die Menschen da sein. Sei es in der Unterstützung von traumatisierten Menschen, im Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur und in all dem, was die Kirche vor Ort hat, um den Menschen in dieser Situation zur Seite zu stehen, neue Hoffnung zu geben und auch eine Stimme zu verleihen. (sw/ml)
 

Für die Opfer des Erdbebens in Haiti.