El Salvador feiert Seligsprechung Oscar Romeros

Hunderttausende Gläubige haben 2015 in San Salvador die Seligsprechung des 1980 ermordeten Bischofs Oscar Romero gefeiert. Für Kardinal Rosa Chavez aus El Salvador hat damit eine neue Epoche der salvadorenischen Kirchengeschichte begonnen.

Schon im Morgengrauen hat es auf den Straßen rund um die "Plaza Salvador del Mundo" im Zentrum San Salvadors kein Durchkommen mehr gegeben. Viele der mehr als 250.000 Menschen hatten die Nacht über vor dem Festgelände der Seligsprechung kampiert, um den großen Moment nicht zu verpassen. Am Morgen zogen sie mit riesigen Oscar-Romero-Fahnen und Plakaten um den Platz, sangen Volks-Lieder über den ermordeten Erzbischof und skandierten "Viva Romero". Auf Transparenten und Fahnen war zu lesen: "Märtyrer der Liebe" und "Heiliger von Amerika". So weit das Auge reichte, füllten Menschen mit bunten Regenschirmen, die sie vor der gleißenden Sonne schützten, die Straßen.

"Er hat mit der Kraft der Liebe Frieden geschaffen"

Der große Moment, auf den die Salvadorianer und auch Menschen weltweit fast 20 Jahre gewartet hatten, war am 23. Mai 2015 gekommen: Die Seligsprechung Oscar Romeros, der 1980 ermordet und im Februar 2015 von Papst Franziskus als Märtyrer anerkannt worden war. 1.200 Priester aus aller Welt, hunderte Bischöfe, sieben Kardinäle und die Regierungschefs Mittelamerikas füllten die Bühne samt Altarraum. Insgesamt fanden auf dem abgesperrten Festgelände rund 6.000 akkreditierte Gäste Platz. Zahlreichen Menschenrechtsgruppen zufolge waren allerdings nur zwölf Plätze für Opfer des Bürgerkriegs bereitgestellt worden.

Papst Franziskus würdigte Monsignore Romero in einer Grußbotschaft als einen der "besten Söhne der Kirche". Romero habe als Märtyrer den Glauben und die christliche Barmherzigkeit mit seinem Leben bis zum Extrem bezeugt, las Jesús del Gardo, ein enger Freund Romeros und Pfarrer einer Innenstadt-Pfarrei San Salvadors, aus dem Schreiben von Papst Franziskus vor. "In schwierigen Zeiten des Zusammenlebens hat es Monsignore Romero vermocht, seine Herde zu führen, zu verteidigen und zu schützen, treu im Glauben und in Gemeinschaft mit der Kirche." Romero stehe beispielhaft dafür, die Gewalt des Schwertes und des Hasses durch die Liebe zu überwinden. "Er hat mit der Kraft der Liebe Frieden geschaffen und mit seinem Leben Zeugnis für den Glauben abgelegt", hieß es in dem apostolischen Brief von Papst Franziskus.

Der Altarraum während des Gottesdienstes zur Seligsprechung. Foto: Pohl/Adveniat
Gottesdienstteilnehmer am Platz "El Salvador del Mundo".
Der Reliquienschrein mit dem blutbefleckten Hemd Oscar Romeros.

"Ich habe diese Worte des Papstes als sehr hoffnungsstiftend erlebt", sagte der damalige Adveniat-Hauptgeschäftsführer Prälat Bernd Klaschka, der dem Seligsprechungsakt gemeinsam mit den lateinamerikanischen Kardinälen oberhalb des Altarraums beiwohnte. "Sie machen deutlich, wie sich die Kirche positionieren soll. Nämlich von den Armen ausgehend und das Evangelium verkündend." Auf der anderen Seite sei es auch ein Aufruf zu mehr Gerechtigkeit und zu mehr Einigkeit in der Gesellschaft von El Salvador, sagte Klaschka. 

Geleitet wurde die Messe von dem italienischen Kurienkardinal Angelo Amato. Er lobte Romeros unermüdlichen Einsatz für die Armen und seinen Kampf für soziale Gerechtigkeit. "Der Geist Romeros bleibt lebendig und ist ein Trost für die Marginalisierten der Welt", sagte der Kardinal. Die Seligsprechung sei ein Fest des Friedens, der Brüderlichkeit und der Vergebung. 

"Seine Täter sind bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen worden"

Für einen kurzen Moment war die konzentrierte Festgemeinde nach dem Akt der offiziellen Seligsprechung von einem Naturspektakel abgelenkt. Um die gleißende Mittagssonne hatte sich just in diesem Moment eine hell leuchtende Corona gebildet, die durch Feuchtigkeit in der Luft beizeiten sichtbar wird, jedoch tatsächlich in dem Ausmaß zu einem extrem seltenen Lichtspiel gehört. Die Mehrheit der Gläubigen ordnete es euphorisch als Zeichen Romeros ein.

Nach der Zeremonie wurde ein wohnhausgroßes Porträt Romeros enthüllt. Acht Geistliche trugen danach in einem Glasschrein tanzenden Schrittes sein blutgetränktes Hemd über den Platz, das viele der Priester mit der Hand zu berühren versuchten. "Ich habe es als sehr bedrückend empfunden, dass sie die Reliquie direkt vor den Mächtigen Lateinamerikas abgestellt haben", gab der emeritierte Trierer Weihbischof Leo Schwarz zu bedenken. "Seine Ermordung ist immerhin aus dem politischen System heraus geschehen und seine Täter sind bis heute nicht zur Rechenschaft gezogen worden", sagte Schwarz, der Romero persönlich gekannt hatte.

Prälat Bernd Klaschka beim Empfang der Kommunion.
Gottesdienstteilnehmer am Platz "El Salvador del Mundo".
Priester beim Gottesdienst der Seligsperchung.

Das Seligsprechungsverfahren für Oscar Romero war 1990 in San Salvador eröffnet und später im Vatikan fortgesetzt worden. Es wurde mehrfach blockiert, da theologisch zu klären war, ob Romero aufgrund seiner Glaubensüberzeugungen oder wegen seiner politischen Parteinahme gegen die damalige Regierung getötet worden war. Der Kurienerzbischof aus Rom, Vincenzo Paglia, sagte: "Man hat ihm vorgeworfen, er sei politisch, aber Romero hat klargestellt, er mache keine Politik. Lediglich die Gegebenheiten der Zeit hätten ihn veranlasst, den Politikern einen Weg aufzuzeigen. Das tat er als Hirte, der dem Evangelium folgt."

Experten hoffen, dass die Seligsprechung von Romero das politisch noch immer tief gespaltene Land eint. "Jetzt kann der Prozess der Versöhnung weitergehen", sagte Adveniat-Hauptgeschäftsführer Klaschka. "Die Seligsprechung hat für mich gezeigt, wie Romero die Kirche zusammengeführt hat und wie er sie auch weiterhin einen kann, in dem Bemühen, menschenwürdige Lebensbedingungen zu schaffen."

"Neue Epoche der salvadorianischen Kirchengeschichte begonnen"

"Heute hat eine neue Epoche der salvadorianischen Kirchengeschichte begonnen", sagte der heutige Kardinal und Weihbischof Gregorio Rosa Chávez, der bereits die Vorboten eines "spirituellen Erdbebens" spüre. "Es bewegt sich im Moment sehr viel, vor allem in den Herzen. Es gibt große Erwartungen im Land, viele Emotionen und auch sehr viel Hoffnung." Man könne sagen: Es gibt ein Vor und ein Nach der Seligsprechung. "Unser Volk hat zwei Ziele", sagte der Weihbischof von San Salvador: "Das Land zu versöhnen und die Gewalt zu überwinden. Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir nun unsere Kräfte bündeln und fließen lassen."

Romero war am 24. März 1980 während eines Gottesdienstes von Unbekannten erschossen worden. Durch seinen Einsatz für die Rechte der Armen hatte der Erzbischof den Hass reaktionärer Kreise auf sich gezogen. Als Auftraggeber des Mordes stehen Militärs im Verdacht; die Hintergründe der Tat wurden nie ganz aufgeklärt. Im anschließenden Bürgerkrieg zwischen Sicherheitskräften, rechten Todesschwadronen und linksgerichteten Guerillagruppen kamen bis 1992 rund 75.000 Menschen ums Leben.

Text: Mareille Landau